Die abenteuerlichen Reisen von Krishna Chaitanya sowie sein Leben und Wirken in Nilachal

Nach einigem Kilometern, fragte K.C. Nitai (er war der Älteste von ihnen und mit  seinen  zirka 32 Jahren!), Verehrter, was habt ihr an Reisegeld und  an Proviant  für Unterwegs mitgenommen, also was hat man euch mitgegeben? Sri Nityananda erwiderte mit einem Lächeln, „Nicht eine Münze, nur den Lendenschurz, den Umhang, die Decke, den Stock und das Trinkgefäß.“ K.C. antwortete voller Freude,“Edel, edel, Sri Krishna ist verantwortlich für alles, warum sollen wir uns Gedanken machen?“ Dann ging er weiter und wiederholte: „Nilachalchandra, bitte erscheine vor mir…“

Die äußerst beschwerliche Reise voller Gefahren nahm ihren Lauf!  Zunächst kamen sie in das Dorf Athisaran/Kharigram (heute: Diamond Harbour), dann nach Chtrabhag, an der Grenze zwischen der von Muslimen regierten Provinz Gaur und der von Pratap Rudra regierten hinduistischen Region Odisa. Vom Hafen aus erreichten sie mit dem Boot die Anlegestelle Prayag. Von dort aus ging die Reise über Jaleshshwar, Tamluk, Remuna.

In Remuna entschied sich K.C. für den Besuch von Madhabendra Puri im dortigen Gopinath Tempel. Madhabendra Puri war vor der Erscheinung von K.C. der bekannteste und größte Sri Krishna- Verehrer in Indien. Sein Lieblingsschüler, Ishwar Puri, hatte K.C. die Initiation vorgenommen. Madhabendra Puri lebte sein ganzes Leben im Schatten eines Baumes. Als er im Alter krank wurde, pflegte ihn sein Schüler Ishwar Puri bis zur seinem Ableben. Kurz bevor er verstarb soll er gemurmelt haben:

   (…Ayi Dinadayadranath He Madhuranath Kadabalokayse…“)

also

Madhusudhan, dein Herz verschmelze in Trauer für die         Leidenden, meine Seele ist ungehalten, weil du nicht erschienen bist, Herr, wann kommst du zu mir…?

Die Samen die Madhabendra Puri einst gesät hatte, haben sich danach durch Krishna Chaitanya zu voller Blütenpracht entwickelt!

Im Verlauf der nächsten Tage erreichten sie zuerst Jagpur, wo sie den „Adi-Baraha Tempel“besuchten, dann zogen sie nach Kattack weiter, die Hauptstadt von Odisa, am Mahanadi-Fluss gelegen. In den folgenden Tagen erreichten sie Bhubaneshwar, wo sie dem Shiva-Tempel einen Besuch abstatteten. Weiter ging es nach Kamalpur. Dort erhob sich vor Ihnen der Sri-Mandir-Tempel. K.C. erblickte zuerst die Spitze des Tempels und fragte voller Bewunderung,“ Wer ist das?“ Hingerissen von seinem Anblick, sagte er,“Schau mal genau hin, ein kleiner Junge mit dunkler Haut, strahlt wie ein Blaudiamant, welch lachendes Gesicht.“ Dabei nahm er Nityanandas Hand und forderte ihn auf, diese fantastische Erscheinung zu betrachten. Obwohl Nitai nichts erkennen konnte, nickte er trotzdem zustimmend und bestätigte so die fiktive Erscheinung!

                                           (vide: Chaitanya-Mangal   121/81)

Von Kamalpur bis Sri-Khetra (heute:Stadt Puri) waren es noch zirka 12 Kilometer. Etwa um 14 Uhr kamen sie dort an, voller Sorgen, ob sie die Erlaubnis bekommen würden, den „Nilachal-Chandra-Jagannath-Tempel“ zu besuchen. Denn sie kamen aus einer muslimischen Stadt und kannten praktisch niemanden in der Stadt. Die Situation erwies sich dann doch  nicht allzu schwierig, denn Sri Basudev Sharbabhouma lebte hier in Nilachal. Er war eine hochgestellte Persönlichkeit und auch sehr einflussreich. Außerdem, so hatte Mukunda eingeblendet, lebte Gopinath Acharya, der  K.C. ergeben war, auch dort, und er war der Schwager von Sharbahouma. Er würde ihnen mit Sicherheit umfangreiche Unterstützung leisten können. 

Plötzlich erklärte K.C., alleine in den Jagannath-Tempel gehen zu wollen. Er rannte sehr schnell an all den Tempelwächtern vorbei, ignorierte deren Proteste, und stand schließlich im Innenraum vor dem Thron von Sri Jagananth. Als er dessen Statue umarmen wollte, fiel er ohnmächtig zu Boden. Inzwischen waren die Bewacher laut schreiend und sehr erbost im Innenraum versammelt und wollten wegen Nichteinhaltung der Tempelordnung den am Boden liegenden K.C. verprügeln. Da trat plötzlich ein hochgewachsener, etwa 50 Jahre alter Herr vor, und befahl den Wächtern, den am Boden Liegenden nicht zu berühren, und er legte seinen eigenen Körper schützend über K.C.! Dieser Herr war einer der berühmtesten Gelehrten seiner Zeit in Indien, bewandert in den unterschiedlichsten religionsphilosophischen Disziplinen. Sein Name war Sri Basudev Sharbabhouma, einer der Söhne des Scholastikers Maheshawar Visarad aus Nabadwip. Basudev hatte seinerzeit in Mithila (Bundesstaat Bihar) die Naya-Philosophie auswendig gelernt und in Nabadwip die erste Naya-Schule gegründet. Er war auch der Verfasser  des klassischen Kompendiums der Naya-Philosophische „Adi- Chintamoni“. Wegen seiner Berühmtheit siedelte er nach Odisa über, der Einladung von König Prataprudra folgend. Sein Rang in der dortigen Gesellschaft war praktisch vergleichbar mit dem des Premierministers das Landes. Sharba Bhouma bat die Bewacher, den Ohnmächtigen K.C. in sein Haus zu tragen. Beim Anblick von K.C. verblasste der Zorn einiger Bewacher und sie waren fasziniert und sehr bewegt! Mit Freude trugen sie K.C., wie befohlen, ins Haus von Sharbabhouma. Dieser beobachtete den auf eine Couch gebetteten K.C. Als er ihn leise atmen sah, war er beruhigt. Obwohl er kein Sri-Krishna-Gläubiger war, sondern eher vedantischer Jnana-Marga, also praktisch ein Atheist, kannte er als Universal-Scholastiker, die spezifische emotionelle Befindlichkeit von Vaishnabas, so wie sie geschrieben steht. Aber diese allumfassende, grenzenlose und bedingungslose Liebe, die K.C. manifestierte, versetzte ihn schlicht in Erstaunen !

Inzwischen waren die fünf Begleiter von K.C. im  Jagannath-Tempel  angekommen und hatten von der Geschichte mit K.C. und von Sharbabhoumas Intervention gehört. Als sie den nächsten Schritt überlegten, tauchte plötzlich Gopinath Acharya auf. Er war ebenfalls aus Nabadwip und ein K.C. Verehrer. Außerdem war er, wie erwähnt, der Schwager von Sharbabhouma. Gemeinsam suchten sie das Haus von Sharbabhouma auf. Dort sahen sie K.C. auf der Couch liegen und fingen an, wie immer, gemeinsam „Hari,Harae…“ zu singen. Plötzlich überzog sich K.C.s  Körper mit einer Gänsehaut, dann öffnete er die Augen, nahm die Sitzhaltung ein und sprach, „Hari, Hari.“ Daraufhin berührte Sharbabhouma seine Füße und murmelte,“Namah Narayana.“ Daraufhin segnete ihn K.C. mit den Worten: „Krishna Motiroshtu“ (also : die Krishna – Liebe soll deinen Geist umhüllen). Sharbabhouma äußerte flehend und mit gefalteten Händen,“ Herr, ich bitte Sie und alle, ins Meer baden zu gehen und anschließend bei mir zu speisen.“K.C. entsprach der Bitte und ging zusammen mit seinen Begleitern zum Meer. Es war etwa 15 Uhr.

Nachdem sie vom Meer zurückgekehrt waren, nahmen sie an der Speisung teil. Sharbabhouma ließ vielfältige, üppige und köstliche Speisen servieren, doch K.C. wollte davon kaum etwas zu sich nehmen. Er hatte als Mönch sehr restriktive Vorgaben hinsichtlich der Speisen einzuhalten. Aber der herzlichen Bitte folgend, aß er alles mit Genuss!

Bis zu diesem Zeitpunkt wusste Sharbabhouma nicht genau, wer K.C.  und seine Begleiter waren. Als er zusammen mit Schwager Gopinath in die Privatgemächer trat, fragte er, wer dieser Mönch denn sei! Gopinath stellte K.C. als den berühmten Nimai Pandit bzw. Sri Gauranga und jetzt Krishna Chaitanya aus Nabadwip vor. Seine Begleiter seien einige ihm nahstehende Gläubige. Diese Informationen waren sehr beglückend für Sharbabhouma, denn er war seit geraumer Zeit keinem Menschen aus seiner Heimat mehr begegnet, bedingt durch den Krieg zwischen Odisas Hindu – König und Bengals mohammedanischem Sultan, im Arabischen „Badsha“ genannt.

Er kam ins Wohnzimmer zurück und grüßte K.C, mit den Worten: „ich habe von Ihrer göttlichen Besonderheit soeben erfahren. Sie sind eine erhabene Person, bitte betrachten Sie mich als Ihren Ergebenen.“ Ergriffen von dieser Geste erwiderte K.C.: „Das unterstreicht Ihre Größe. Sie sind der Weiseste unter den Weisen. Ich bin nur ein Mönch, aber Sie sind der Lehrer aller Mönche. Deshalb hat mich mein Weg zu Ihnen geführt. Ich bin noch jung, erst 24 Jahre alt, ein Ignorant. Ich bin mir nicht bewusst, ob ich von Unwissenheit getrieben wurde oder gar wissentlich das Mönchtum angenommen habe. Bitte, angesichts meines Alters und meines Kenntnisstandes, führen Sie mich auf den geeigneten Weg. Ohne Ihren Beistand im Tempel wäre ich vielleicht nicht mehr hier.“ Da unterbrach ihn Sharbabhouma und antwortete.“ Du solltest nicht mehr ohne Begleitung in den Jagannath-Tempel  gehen. Gopinath, du sollst immer an der Seite  des Swamiji sein im Tempel, ab sofort ist das deine Verantwortung! Außerdem liegt das Haus meiner Tante am Stadtrand und ist recht einsam. Swamiji und seine Gefolge sollen dort leben, und du wirst für die Speisen und alles andere Sorge tragen.“

Am folgenden Tag fragte Shababhouma während eines Gespräches mit seinem Schwager, zu welchem „Mönchorden“ K.C. sich hatte einweihen  lassen, –  Bharati, Giri, Puri oder Saraswati – .“  „Bharati“ hatte dieser geantwortet.

„Oh, die sind aber minderwertig!“, hatte Sharbabhouma kommentiert.

Daraufhin Gopinath: „Die Rangordnung von Gruppen ist für K.C vollkommen gleichgültig. Er ist kein Adept, sondern eine sakrale Entität. Er wollte nur dem gewöhnlichen Familienleben entkommen, um sich ganz und gar der Krishna-Liebe widmen zu können.“

Sharbabhouma: „Aber in den Schriften zum „Kali-Yuga“ steht nichts über eine solche Erscheinung !“

Er schmunzelte nur und schwieg!

Anschließend ging Gopinath voll bepackt mit gottgeweihter Nahrung (skt. Prasadam) in das Haus, wo K.C. und seine Begleiter nun abgestiegen waren. Nach der Speisung  sagte er mit einer gewissen  Zurückhaltung  zu  K.C. „Herr, Sharbabhouma Bhattacharya ist der Meinung, dass Sie eine außergewöhnliche Erscheinung sind, jedoch ihr Orden Ihnen nicht angemessen ist. Deshalb will er nun Veränderungen einleiten, denn sie sind zu jung, um die Verlockungen der Sinne  beherrschen zu können. Er beabsichtigt, Sie in Advayta-Marga (Adi Shankaracharyas Vedanta-Prinzip) einzuweihen und Sie im stringenten Vedanta-Kodex zu unterweisen.“ Gopinath formulierte  seine Ausführungen auf eine Weise, dass K.C. mit Verärgerung reagieren sollte. Aber das Gegenteil war der Fall. K.C. antwortete freudig: „Ja, er hat sicher recht mit dem, was er gesagt hat. Er möchte nur mein Wohl und meinen Erfolg. Ich bin ihm sehr zu Dank verpflichtet.“

Tatsächlich traf  sich K.C. mit Sharbabhouma jeden Nachmittag in seinem Haus,  und ließ ihn aus Adi Shankaracharyas Vedanta -Antologien vorlesen und  sich von ihm die Bedeutung spezifischer Lehrsätze und ihre tiefen scholastischen Hintergründe erläutern. Sharbabhouma war bestrebt, K.C. zu beeindrucken, zu begeistern und beeinflussen zu können. Es vergingen acht Tage voller intensivem Unterricht. Aber die gesamte Zeit saß K.C. nur da, teilnahmslos, absolut still und stumm.

Am achten Tag sprach Sharbabhouma K.C. darauf an und fragte, warum er bis jetzt keine einzige Frage gestellt oder auch nur einen einzigen Kommentar von sich gegeben habe! Daraufhin kam es zu folgendem Gespräch:

K.C. : Herr, ich bin Ignorant, habe kaum studiert. Sie sind derzeit der beste Gelehrte auf diesem Gebiet. Ihren Ausführungen konnte ich nicht folgen.

Sharb.: Warum hast du denn nicht nachgefragt  und um Klärung gebeten?

K.C.: Vedantische Sutras sind sehr klar und einleuchtend. Aber Ihrer Auslegung (Exegetik) könnte ich nicht folgen.

Sharb.: Du kannst den Sutras folgen, aber meinen Interpretationen nicht, weil diese deiner Meinung nach widersprüchlich sind?

K.C.: Aus welchem Grunde auch immer, Shankaracharya hat diese Sutras nach seinem eigenen Gutdünken und eigenen Vorstellungen interpretiert, denen Sie auch Folge leisten.

Sharbabhouma der Benares, dem Ort mit der  besten vedischen Forschung und Lehre  studiert hatte, fühlte sich getroffen, wurde unruhig, und auch erbost.

Sharb.: Äußerlich bist du tief demütig, aber innerlich sehr Stolz. Willst du mir etwas beibringen! Okay. Trotz meines reiferen Alters werde ich bei dir lernen was die eigentliche Bedeutung dieser vedischen Sutren ist! Fang an mit deinen Erläuterungen. Ich möchte hören was du zu sagen hast!“

K.C. ignorierte Sharbabhoumas Gemütsbewegungen und sagte: „Shankaracharya wollte irgendwie seine „Mayabad“ rechtfertigen, Rikveda verkündet jedoch etwas Gegenteiliges, deshalb müsste er seine eigene fantastischen Ideen in die entsprechenden vedantischen  Sutren hineininterpretieren. Rik-Veda verkündet klar und deutlich, dass Gott die Freude der ultimativen Seele (skt.Satchidananda) ist und die hingebungsvolle Liebe zu Gott ist die fundamentale Aufgabe der Menschheit!“

Daran anknüpfend zitierte K.C. einige vedische und vedantische Sutren! Um diesen Ausführungen etwas entgegenzusetzen, versuchte Sharbabhouma, wie bei den Naya-Philosophen üblich, Schlussfolgerungen aus bestimmten Sätzen aus den Veden zu ziehen, die der These von K.C. wiedersprachen.

  “ …Ethan Pramanayrakhiloischa  Shaktam Tatparjato….“

                                      ( vide : Sri Chaitanya-Charitamrita 12/25)

Gelassen wie immer erwiderte K.C.: „Bhattacharaya, die Liebe zu Gott ist die solitäre, erhabene Aufgabe der Menschheit. Sogar Mönche, die alles Wünschen und Verlangen weit hinter sich lassen, sind empfänglich für die sehnsuchtsvolle Liebe zu Gott. Dann zitierte er die folgenden  Verse aus Vagavad-Gita:

“ Atmaramashcha Munayho Nigrastha Apyarakrame…..“

Sharb: „Ich möchte Sie bitten diese Verse zu interpretieren.“

K.C.: „Gerne, aber bitte, ich hätte gerne zuerst Ihre Erläuterung gehört.

Um das eigene reiche Wissen voller Stolz zu demonstrieren, trug Sharbabhouma neun unterschiedliche Bedeutungen dieser Verse vor und war überzeugt, dass niemand auf dieser Welt es besser erläutern könnte!

K.C.: „In der Tat, einen solchen Scholastiker wie Sie gibt es in dieser Welt wohl kaum einen zweiten. Aber leider, Sie haben nur oberflächlich, rein intellektuell interpretiert. Es gibt noch weitere signifikante Deutungsmöglichkeiten!

Sharbabhouma war erstaunt und forderte sofort einige Beispiele.

Schmunzelnd begann K.C. mit seinen Erläuterungen und kam auf achtzehn verschiedene Auslegungen, und zum krönenden Abschluss zeigte er auf, dass alle Deutungen zwangsläufig in die ewige Wahrheit  mündeten: Die Liebe zu Gott ist die Sinn stiftende, metaphysische hoheitliche Lebensaufgabe der Menschheit!

Diese von K.C. vorgetragene  Exegese stürzte Sharbabhouma  in geistige Verwirrung . Einerseits war er fasziniert von den brillanten Auslegungen, andererseits ließ sein Stolz eine solche nie gekannte Niederlage nur ungern zu. Aber nur er vermochte richtig einzuschätzen, welche wertvollen Erkenntnisse in den Interpretationen von K.C. hervorleuchteten, so wie nur ein Juwelier  die Fähigkeit besitzt, den wahren Wert eines Juwels zu erkennen.

„…Athaisha Bishmeramana Dwijagroh Hridahridi……..“

                                      (vide:Sri Chaitnya-Charitamrita 12/28)

Also: Danach der hochgebildete Brahmana, tief bewegt und voller     Bewunderung, dachte, ist er der Allwissende Brihashpati   (mythologische Figur!), der aufgetreten ist, um meine Reputation zu unterminieren….

Plötzlich fiel Sharbabhouma ein, dass Gopinath im Gespräch schon einmal bestätigt hatte, dass K.C. nicht nur ein in Sri Krishna-Liebe versunkener Mönch sei, sondern eine göttliche Entität in Person! Sein  Stolz wich und sein Geist und Körper wurden übermannt von Achtung, Liebe und Demut. Daraufhin, als sich Sharbabhouma voller Hingabe vor K.C. verbeugen wollte, sah er, dass der junge Mönch verschwunden war und statt seiner ein hübscher Mann mit goldfarbenem Körper und ausgestattet mit sechs Armen vor ihm stand! Die oberen beiden Arme waren hellgrün und trügen Pfeil und Bögen, die mittleren beiden Arme hatte die Farbe eines Blaudiamanten und trugen eine Flöte, unteren beiden Arme waren golden und trugen Bettelstab und Trinkgefäß. Die Lippen waren besetzt um Flöte zu spielen. Vom Anblick des Bildes und seiner intensiven Ausstrahlung wurde es Sharbabhouma schwindelig  und er fiel in Ohnmacht!

Als K.C. seine Stirn berührte, kam er wieder halbwegs zu sich. Noch benommen warf er sich der Länge nach vor die Füße von K.C. Daraufhin sagte K.C. schmunzelnd,“ Du bist mein Verehrer, deshalb habe ich diese Emanation gewählt. Ich bin in allem, ich bin um alles herum und auch darüber hinaus, ich bin transzendent, die ewige und die ultimative Wahrheit!“

Als  Sharbabhouma seine Sinne vollständig wiedererlangt hatte, suchten seine Augen nach der sakralen Erscheinung. Doch der Platz, wo sie ihm erschienen war, war leer, denn kurz zuvor war K.C. nach Hause zurückgekehrt.

                     ( vide: Sri Gauranga  Ashtak von Balaram Das  242 ff )

Während der Nachtruhe wurde Sharbabhouma von heftigen Zweifeln  heimgesucht, in denen er sich wie in einem Gestrüpp verfing! Bis jetzt hatte sein ganzes Denken, Lernen, Lehren und auch seine spirituelle Ausrichtung  auf Adi Shankaracharyas Advayta-Vedanta-Dogmen gegründet, die eher im Atheismus verankert sind. Doch nun war ihm ein strahlender Mönch mit unbeschreiblichem Charisma erschienen, der behauptete, er sei die Divinität in Person, und wie zum Beweis hatte er sich auch in der sechsarmigen Gestalt des Sri Krishna gezeigt! Das war wohl ein Bluff! Der Mönch war sicherlich nur ein großer Magier, der ihm unter Hypnose diese prächtigen Bilder suggeriert hat. Aber er ist so mild und einfach, das es einem das Herz rührt, und diese ozeantiefe Liebe für Krishna, wie sie nur Sri Radhadevi zu fühlen vermag! Außerdem sind da sein brillanter Intellekt und seine tiefen Kenntnisse der Tattvas (skt.Prinzipien), Sutras (skt. Leitfaden), der Vedanta-Darshan (skt.Vedanta-Philosophie). Er ist wahrlich ein Kanonikus! Hin- und her bewegt von diesen verwirrenden Gedanken schlief Sharbabhouma irgendwann ein.  

Morgens in der Frühe stand K.C. auf und ging mit seinen Begleitern zum Jagannath-Tempel, um am Morgenritual teilzunehmen.  Anschließend folgte die „Hariballabha“-Opfergabe und danach fand das Weihrauch-Gebet statt. Es war noch etwas dunkel. Plötzlich traten zwei Priester an beiden Seiten der Jagannath-Statue hervor, standen vor K.C., einer von Ihnen legte ihm eine Blumengirlande um den Hals und der zweite übergab ihm „Prasadam“ (geweihte Speise), um die K.C. mit einem Zipfel Stoff seines Umhangs einen Knoten band.

                 (vide:Chaitanya-Chandradaya von Kabi Karnapur  110/85)

K.C.s Begleiter waren angesichts dieses außergewöhnlichen Vorgangs  sehr verwundert! Dann, ohne ein Wort, drehte sich K.C. um und begann in Richtung des Anwesens von Sharbabhouma zu laufen. Die Gläubigen folgten him. Am Haus angekommen, ging K.C. zur Tür des Schlafzimmers und rief: „Bhattacharya!“ Auf der Veranda schlief ein jünger Schüler, der dies hörte. Sofort sprang er auf und schrie ein  wenig aufgeregt: „Herr Bhattacharya, stehen Sie bitte sofort auf, der Herr Mönch ist anwesend!“ Sharbabhouma erhob sich, kam aus dem Zimmer und fiel K.C. zu Füßen. K.C. half ihm, sich wieder aufzurichten, und umarmte ihn. Nachdem beide Platz genommen hatten, wickelte K.C. sehr sorgsam die Opferspeise aus dem Knoten des Umhangs heraus, gab sie in die Hände von Sharbabhouma, wobei er mit lächelndem Gesicht sagte, „Das ist die göttliche Opferspeise, bitte nimm sie“. Sharbabhouma, ein Orthodoxer Brahmana, der vor dem Morgenritual nichts zu sich nimmt, folgte voller Freude der Aufforderung. Vorher jedoch rezitierte er:

  „….Shushkam Parjushitam Bapi Nitam……“

Also:

Durch diese Handlung entferne ich mich von meinem                    bisherigen Weg….“

Nach dem er etwas Reis zu sich genommen hatte, veränderten sich sein Körper und sein Geist — Hari Hari singend fiel er halb ohnmächtig  zu  Boden, und begann sich dort hin und her zu wälzen. K.C. streichelte den Körper Sharbabhoumas und half  ihm erneut, sich wieder aufzurichten. Danach tanzten die beiden voller Hingabe an Krishna — der stockkonservative, Advayta-Vedanta-Prediger, der Semi- Atheist  Sharbabhouma zusammen mit  K.C. der verkörperten Divinität der Liebe ! 

                     ( vide: Chaitanya-Chandrodaya-Drama  45/13)

Von diesemTag an tanzte Sharbabhouma voller inniger Ergebenheit und Verzückung immer wieder, bei jeder Gelegenheit. In Anbetracht  dieser Entwicklung  sprach Gopinath eines Tages den Schwager an: „Bhattacharya, du tanzt immer wieder vor deinen Vedanta-Schülern, was sollen sie sich dabei denken und was dazu sagen? Vielleicht dir sogar geistige Verwirrung bescheinigen?“ Als Antwort  rezitierte  Sharbabhouma die folgenden  Verse:

  „…Paribadatu Jano jatha Tathayam, Nonu Mukharoham….“

Also:

Lasst die geschwätzige Menschen abfällig reden, ich vernehme weder Kritik noch Kommentare und möchte beschwipst von Krishna -Nektar nur tanzen und singen und mich auf dem Boden wälzen.

Kürze Zeit später, besuchte Sharbabhouma K.C. in dem Haus, wo dieser derzeit wohnte. K.C. umarmte ihn und im Gespräch erläuterte er erneut die implizite, aber unbegrenzte Bedeutung von „Harinamoiba Kebalam“

.Sharbabhouma war erneut fasziniert! Dann verließ er das Haus und ging in Begleitung von Damodar und Mukunda zum Tempel und kam mit köstlichen Opferspeisen zurück. Unterwegs schrieb er folgende Verse auf ein Palmblatt und bat Mukunda, diese  K.C. zu übergeben. Als K.C. die Zeilen las, zerriss er das Blatt. Zum Glück hatte Mukunda zuvor die Verse auf die Außenwand des Zimmers aufgeschrieben. Hier ist ein Auszug:

„…Boiragyavidyanijabhaktiyoga Shikkarthamekah Purudha        Puranah..“

              ( vide: Sri Sri Sachitanayastakam von Balaram Das 126 ff ) 

Also:

Der ewige Herr sah den allmählichen Niedergang von Bhakti-     Dharma. Deshalb erschien er auf der Erde in der Gestalt von K.C., um den Menschen Gnade zu erweisen und das Wiedererstehen von Bhakti-Marga zu ermöglichen. Mein Geist soll voller Ergebenheit seine Lotosfüße umhüllen…“

Seinerzeit hatte Sharbabhouma in einigen Gedichtbänden über seine Erfahrungen, Erlebnisse, Orientierung, Entwicklung, und über den Frieden geschrieben. Besonders erwähnt werden sollte der Gedichtband, in dem er, mit unerschütterlicher Bewunderung, in Form eines historischen Berichts, die betörende Schönheit K.C.s beschreibt,  seine Gestalt in Form, Farbe, Haltung, Bewegung, seine Stimme, sein  Lachen, seine Tränen, seine selbstaufopfernde Liebe und vieles mehr, um dies alles der Nachwelt als unantastbare Realität zu hinterlassen !

Sharbabhouma hatte das Glück, die ultimative Befreiung zu erlangen,  aber es gab noch einige Persönlichkeiten wie Rupa, Sanatana, Ramanada Ray, der buddhistische Kardinal und nicht zuletzt Prakashananda Saraswati – die im damaligen Indien zur Elite des Landes zählten!

Enes Tages saßen alle zusammen, als  K.C. plötzlich ankündigte , „Bruder, ich habe mich entschlossen, den südlichen Teil Indiens zu besuchen, um meinen verschollenen Bruder Bishwarup zu suchen.“ Obwohl er wusste, dass sein Bruder die Welt schon verlassen hatte, man könnte also die Frage stellen, warum er ihn wohl als Vorwand benutzte! Die Antwort : für ihn als  dienenden, demütigen, bescheidenen  Mensch, wäre  eine solche anmaßende Ankündigung wie: Ich reise in den Süden, um die treuen Seelen  dort zu retten und den Krishna-Bhakti-Kanon zu predigen“  —   vollkommen undenkbar gewesen! Nityananda, Jagadananda, Mukunda und Damodar wollten  K.C. unbedingt  begleiten, doch dieser wies  jeden von Ihnen zurück und wertete ihre Liebe und Zuneigung ihm gegenüber als Hindernis für seine Mission !

Daraufhin schlug Nityananda vor, dass alle zusammen Sharbabhouma aufzusuchen sollten, um dessen Meinung dazu zu hören. Sie hofften, dass Sharbabhoumas  Meinung als die einer Autorität  K.C. umstimmen könnte !  

Unmittelbar nach dem sehr feierlichen Empfang bei Sharbabhouma, bekräftigte  K.C. sein Vorhaben. Sharbabhouma war bestürzt und tieftraurig. Seine mentale Verfassung beschrieb er wie folgt:

 „…. Katham Momabhunnhi Putrashokah Katham Momabhunnhi…“      

                                           (vide: Chaitanya-Charitamrita 12/97)

Also:

„Herr, ich kann das Ableben meines Sohnes oder selbst das Ende meines eigenen  Lebens verkraften und ertragen, aber die Abwesenheit des Anblicks  Ihrer Lotosfüße,  ist für mich absolut unerträglich.“

Sharbabhoumas leidendes Herz berührte K.C. und er tröstete ihn mit den Worten: „Bhattacharya, sei nicht so traurig. Ich werde bis zum (Shetu-Bandha = Cape Comorin) reisen und dann wieder zurück kommen;  und durch die Gnade Krishnas wird das recht zügig erfolgen.“ Aber Sharbadhoumas flehende Bitte hin stimmte K.C. schließlich zu, noch weitere fünf Tage in seinem Haus zu bleiben. Am sechsten Tag bekundete K.C. erneut seine Absicht, die Reise  anzutreten. Betroffen begleiteten alle K.C. in den Tempel. Dort bat er mit gefalteten Händen die Gottheit um wohlwollende Zustimmung. Ein Priester trat hervor mit einer Girlande und Chandan-Paste. Er legte  K.C. die Girlande um den Hals und verstrich die parfümierte Paste auf seiner Stirn. Dann nahmen sie den Weg entlang des Meers. Zuvor hatte Gopinath einen qualifizierten Wärter engagiert und ihm geweihte Nahrung sowie zusätzlich Bekleidung für K.C. mitgegeben. Nach einigen Schritten stoppte K.C. und bat Sharbabhouma, nach Hause zurückzukehren und Krishnanam zu beherzigen. Daraufhin trug er vor, „Herr, ich habe eine Bitte, die Stadt Vidyanagar liegt am Godavari -Fluß. Der dortige Gouverneur ist Ramananda Ray. Er ist ein großer Verehrer von Sri Krishna. Ich habe ihn immer wegen seiner Frömmigkeit belächelt. Seine Bedeutsamkeit erkenne ich erst heute. Bitte, beehren Sie ihn mit einem Besuch.“ K.C. stimmte zu und umarmte Sharbabhouma. Weinend fiel er zu Boden! K.C. drehte sich um und suchte das Weite. Nityananda beauftragte jemanden, der Sharbhouma nach Hause begleitete. Anschließend folgten sie K.C. bis zum nächsten Ort mit Namen Alalnath. Fasziniert von seinem Anblick und seiner Ausstrahlung versammelten sich dort zahlreiche Menschen  um K.C., und sie sangen „Harinam“ und tanzten wie benommen die ganze Nacht hindurch! Morgens gingen K.C. und seine Begleiter im Meer baden. Dann forderte K.C. seine fünf Anhänger auf, ihn allein zu lassen. Er umarmte jeden von Ihnen und ging mit Eilschritten davon. Der Wärter hastete hinter ihm her.

              (vide::Sri Chaitanya Mahaprakash von                                                                                   Basudev,Madhab,Govinda  98 ff)

K.C. rannte und rannte, ein Krishna-Lied auf den Lippen. Abrupt blieb er stehen und dann setze sich. Sofort versammelten sich hunderte von Menschen, umfangen von  unerklärlichem inneren Frieden und seelischer Erhabenheit. Sie begannen „Kirtana“ zu singen und dabei zu tanzen! K.C. umarmte den einen oder den anderen. Sobald K.C. in Dörfer oder in Kleine Städte kam, überreichten ihm die Menschen nach Herzenslust Speisen und Getränke, als göttliche Opfergabe, an K.C. er aber gab das alles weitestgehend wieder zurück. Bald müssten sie ein geschlossenes Waldgebiet durchqueren, was etwa zehn bis fünfzehn Tage dauerte. Die mitgebrachten Speisen gingen zur Neige. Sowohl K.C. wie auch der Wächter mussten tagelang hungern, doch das beeinträchtigte die emotionale Befindlichkeit von K.C. nicht im Geringsten! Er wurde hager, die  Kleidung war inzwischen zerrissen und schmutzig, der Körper war bedeckt von Staub, die tropische Wärme des Südens sowie die Übernachtungen unter den Bäumen forderten  ihren Tribut!  

Einige Zeit später erreichten sie eine  Ortschaft namens Kurmasthan. Die Bewohner empfingen K.C. so herzlich, als ob sie seine Ankunft sehnsuchtsvoll erwartet hätten. Hier lebte ein sehr gläubiger Krishna – Verehrer namens Basudev. Er war Leprakrank und lebte daher isoliert. K.C. hörte im Geiste sein Gebet, eilte zu ihm und umarmte ihn. Wie so vieles klingt es sehr mysteriös, aber Basudev wurde auf der Stelle geheilt und erhielt eine schöne Gestalt.

 „…Agatya dorbham ParirabhaBipram Kushthoi Samam…“

                 ( vide: Chaitanya-Charitamrita von Karnapur 12/111)  

K.C.s Weg führte ans Ufer des Godavari-Flusses am Rande eines Waldes entlang. Die Umgebung erinnerte K.C. an Brindabon und der Godavari an den Jamuna-Fluss. Sein Herz bewegte sich voller freudiger Erwartung, sein Geist war erfüllt von der Harmonie des Waldes, eine kühle Brise bewog ihn, ein Bad im Godavari-Fluss  zu nehmen.

        ( “ vide. Chaitanya-Charitamrita von Karnapur  12/122-129. )

Er stürzte sich also ins Wasser und schwamm quer durch den Fluss zum anderen Ufer zum Ort Vdyanagar, nahm dort Platz und vertiefte sich in ein Gebet  mit einer Gebetskette (bengl.Japa-Mala).  Genau  am selben Tag und zur selben Zeit hatte der Gouverneur von Vidyanagar, Ramananda Ray,  den dringenden Wunsch, am selben Ufer baden zu gehen. Mit einer riesigen Gefolgschaft  aus Bewachern, Musikern und vielen anderen, erreichte er das Ufer, und nach dem Baden fiel ihm ein Mönch auf, der unter einem Baum saß! Er war sehr mager, aber ein seltsames, unbeschreibliches Licht umhüllte sein Antlitz und seinen Körper. Wie von Sinnen, begann Ramananda auf  K.C. zuzulaufen. Als er ihn erreicht hatte, empfing ihn K.C. mit einer herzlichen Umarmung, dabei sprach er, „Sharbabhouma empfahl mir, dich zu besuchen, mein Bruder. Ich möchte einige Zeit hier weilen, um von dir das Sri Krishna-Epigramm anzuhören“. Zu dieser rührenden Begegnung:

   (vide: Chaitnya Charit. 8/32-42 und Srimad Vagavad 10/32 ).

Plötzlich tauchte ein Brahmana auf, und voller Ergebenheit lud er K.C. ein, sein Haus zu besuchen, und K.C. entsprach seiner Bitte! In den nächsten Tagen fanden sehr ausführliche und tiefgründige Exegesen zum  Paradigmenwechsel  im Theismus statt, aus dem Blickwinkel  der reinen Hingabe ohne Erwartung, also nur der dienenden  Liebe, brüderlichen Zuneigung, elterlichen Liebe, platonischen Liebe, so wie der Liebe Sri Radhas, ohne Gegenleitung. Diesen Weg zu beschreiten, dazu sind nur einige wenige, reine, ausschließlich und ohne Unterlass  zielstrebige Sri-Gauranga-Verehrer fähig.

„….   Bhrantam  Yatra  Munishwaroiropi  Pura  Jasmin           Khamamandale…“

( vide : Chaitanya- chandramrita von Prabodhananda Saraswati

                                                                                             Verse: 18 )

Also:

„Auf dem Weg der liebevollen Hingabe, sowohl Vyasadeva wie auch sonstige Verehrer sich verirrt haben; diesen unbekannten Weg wusste nicht einmal Shukdeva, und der gnadenvolle Sri Krishna hatte ihn auch nie verlauten lassen, diesen Weg begehen nun die Vaishnavas von heute.“

Ram Ray besuchte K.C. jeden Abend, unterhielt sich eingehend über die Facetten der Hermeneutik der Sri-Krishna-Verehrung  und ging erst frühmorgens nach Hause. Die Diskussionen wurden immer tiefgründiger. Eines Tages, im Gebet versunken, hatte Ram Ray eine Vision. Er sah im Geiste, wie Sri Krishnas Gestalt langsam im Körper von Sri Radhadevi verschwand, und dieser Körper verwandelte sich zum Körper eines Mönchs. Es war unschwer zu erkennen, dass der Mönch K.C. war. Am nächsten Tag, als er K.C. voller Demut sagte, dass er ihn jetzt erkannt habe und dass K.C. niemand  andere sei als Sri Radhadevi in Person, und der erschienen sei, um einigen Menschen die „Krishna-Liebe“ aus seiner Perspektive zu demonstrieren. K.C. lächelte und sagte: „Wenn man Gelbsucht hat, sieht man überall Gelb, wegen deiner Liebe zur Krishna, siehst du überall sein Bild erstrahlen.“

Im Ram Rays Herz loderte das Sri Krishna-Feuer, deshalb wollte er seinen Posten als Gouverneur sofort aufgeben und der Aufforderung von K.C. folgend in Nilachal leben. Aber dieser empfahl  ihm, so lange in Vidyanagar zu bleiben, bis er selbst seine Reise durch den Süden Indiens beendet hatte und wieder dorthin zurückgekehrt  war. K.C.s Aufgabe in Vidyanagar ging nun zu Ende.

Danach war er etwa zwei Jahre lang im Süden und Südwesten Indiens zu Fuß unterwegs. Überall wurden die Menschen, zum Teil auch anderer Religionszugehörigkeit, durch seine Erscheinung, Stimme und seine Ausstrahlung überwältigt und entschieden sich begeistert für den Vaishnabismus als ihren Weg. K.C.s Reiseroute, hier extrem kurz gefasst, war folgende: von Vidyanagar ging er nach Trimall Stadt. Die Mehrheit der Bevölkerung dort waren Hinayana-Buddhisten und ihr Oberhaupt dort hieß Pandit Ramgiri. Ihn überzeugte K.C. sofort und vollzog mit ihm die Initiation in die Krishna-Liebe !  Dasselbe geschah  mit dem stolzen Gelehrten namens Dhundhuram, der den Namen Haridash erhielt. Die nächste Stadt war Bateshwar. Hier traf sich ein sehr reicher Geschäftsmann, Tirtharam, in Begleitung von zwei Prostituierten namens Satyabai und Lakhsmibai mit K.C, um dessen moralische Integrität zu prüfen. K.C. umarmte alle drei, sie fielen ihm zu Füßen und empfingen seinen Segen ebenfalls. Nicht nur ihnen, sondern auch  der Ehefrau von Tirtharam namens Kamalkumari wurde die göttliche Gnade zuteil. Dann folgten Munnanagar Stadt — Venkat Stadt– Tripadinagar — Vishnukanci —  Chandpaddi  — Nagar Stadt  — Tanjore  — Chandalu Gebirge, hier soll K.C. einem blinden Brahmanen  gesunde Augen geschenkt haben. Doch als er K.C. erblickte, verstarb er! Nun ging die Reise nach Padmakot — Tripatra— Rashab-Gebirge— Ramnathnagar. Etwa Anfang Dezember, in einer Vollmondnacht, badete K.C. im Tamrepani – Fluss und lief am Meer entlang Richtung Kanya Kumari. Von dort nach Tribancore. Der König des Landes hieß Rudrapati. Als er von einem eindrucksvollen Mönch hörte, der unter einem Baum saß und weinend Sri Krishna-Lieder sang, wurde er neugierig und übermittelte eine Einladung, seine Hauptstadt zu besuchen. Weil K.C. diese Einladung ausschlug, kam ihn der König persönlich besuchen. Kaum waren sie sich unter vier Augen begegnet, fiel er voller Ehrfurcht K.C. zu Füßen, und auch er erhielt die Initiation. Die Reise führte K.C. durch weitere Ortschaften und auch auch Städte ie Matsatirthe, Nagpanchapadi, Chitol, Chandrapore. Hier bekehrte K.C. den stolzen Advayta-Vedanta-Verfechter namens Ishwar Bharati sofort und gab ihm den Namen Krishnadash. Die nächste Station war das Nilgiri-Gebirge, danach Gujarat Stadt  — Pune Stadt–Bholeswar–  — Dhabaleshwar— Khandarey Stadt. Dort verlieh K.C. den abtrünnigen „Devdashis“ (Tempel-Tänzerinen), die göttliche Kraft, auf  den Weg der Tugendhaftigkeit zurückzufinden; weiter ging nach Nassik Stadt. Etwa vierzehn Tage späte bereiste er die Shaurashtra-Provinz  –Baruch –, dann erfolgte die Überquerung des Mahanadi-Flusses, anschließend die Ankunft in Ahmedabad, weiter vorwärts in das Shubhramati-Fluss gelegene Dorf Kulingram. Hier traf er die weithin bekannten Persönlichkeit Ramananda Basu und Govindacharan. Beide wurden von nun an KC.s Reisebegleitung. Dann ging er ins Dorf Yuga. Hier erteilte er der schönen Prostituierten namens Baromukhi seinen Segen —es folgten  Jaferabad  –Somm´nath  —Junagarh  –Gurner-Gebirge. Hier besichtigte er den Fußabdruck von Sri Krishna wie damals in Gaya und geriet in einen außergewöhnlich emotionalen Taumel . Dann Jharkhand-Stadt. Mittlerweile waren neben dem Wächter noch 16 weitere Personen mit ihm unterwegs. Die Reise ging weiter nach Amarpuri, Gopitala (Bekannt als Prabhas-Tirtha ) —  (Tirtha=Wallfahrtsort). Etwa am 5.September erreichte K.C. Dwaraka, einen sehr bekannten Pilgerort. Hier blieb K.C. fünf Tage. Dann begann die Rückreise Richtung Nilachal über Vidyanagar, weil er von dort Ramananda mit nach Nilachal nehmen wollte.

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Etwa Ende September erreichte er die Stadt Baroda. Etwa vierzehn Tage später konnte er erneut im Normada-Fluss baden. Dann streifte er den Fluss entlang, begleitet unter anderem von Ramananda Basu und Govindacharan. Die Reise führte weiter nach Dehad-Kukkhi–Bindhyachal–Mandura. Drei Tage später ging es nach Deoghar. Hier heilte er einen Gläubigen, der leprakrank war. Danach Shivani Stadt, drei Tage später die Stadt Chandinagar, dann über Raypur wieder zurück nach Vidyanagar. Anlässlich K.C.s Ankunft bereitete Ramananda ihm einen grandiosen Empfang. K.C. bat Ramananda Ray, ihn nach Nilachal zu begleiten. Aber dieser entschuldigt sich mit den Worten: „Herr, ich habe meine Entlassung als Gouverneur mit Mühe und Not durchgesetzt. Jedoch wird mein Abgang hier mit einer großen Zeremonie zu Ende gehen. Das heißt, es werden mich zahlreiche Soldaten, Pferde, Elefanten und Staatsbeamte, sowie Landsleute ein ganzes Stück begleiten. Um diesem Lärm und Krach zu entgehen,  möchte ich Sie bitten, gehen Sie vor und beglücken Sie die Gläubigen  in Nilachal. Ich komme später dazu.“

Daraufhin trat K.C. die Rückreise Richtung Nilachal an. Auf dem Weg dorthin, stattete er noch Ratnapur, Swarnagar, Shambalpur, Daspalnagar, Rishikulya, und Alalnagar einen Besuch ab. Von dort ist Nilachal nur noch einen Tagesmarsch entfernt. Deshalb schickte er den Wächter voraus, um die Gemeinde der Gläubigen von Nilachal über seine baldige Ankunft  zu informieren.

    *                     *                  *                      *   

Während der zweijährigen Abwesenheit von K.C. in Nilachal, waren Sharbabhouma,  Nityananda und die anderen Weggefährten traurig, orientierungslos, ja, sie vermissten den Mittelpunkt ihres Daseins und stellten den Sinn des Lebens in Frage! Täglich trafen sie zusammen, sprachen voller Verehrung von K.C. und sangen und tanzten „Sri-Krishna-Lila“. Einige Gläubige in Nabadwip vermissten K.C. so sehr, dass sie unaufgefordert die Strapazen in Kauf nahmen und nach Nilachal eilten. Es waren Gadadhar, Narahari, Murari, Bhagawan (dieser war sogar körperbehindert!) und Ram Bhatta.

Die Nachricht, dass sich Sharbabhouma wegen eines  jungen Vaishnaba-Mönchs vollkommen verändert hatte und der einstmals radikale Verfechter von Advayta – Vedanta nun mit erhobenen Händen im Rhythmus von Krishna-Liedern tanzte, verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch das Land.

Die  Zahl der interessierten, begeisterten oder auch neugierigen Menschen wuchs immer mehr. Als der Maharaja (Maha=Magnus,     Raja= Rex) Prataprudra von Odisa davon Kenntnis bekam, lud er Sharbabhouma zu sich nach Kattak ein, dieser reagierte sehr überrascht und brach mit gemischten Gefühlen zu dem Treffen auf. Der Maharaja empfing den Gelehrten und fragte, „Bhattacharya, ich habe gehört, dass ein außergewöhnlich charismatischer Mönch nach Nilachal gekommen ist, und viele sehen in ihm sogar Sri Jagannath Dev in Person. Durch seine Gnade haben Sie eine vollkommen neue spirituelle Orientierung erfahren. Erzählen Sie mir die Einzelheiten, ich bin sehr daran interessiert“.

Sharbabhouma (S): Er ist zurzeit auf Pilgerreise in den Süden  unterwegs.

Maharaja (M): Welcher Pilgerort ist noch bedeutender als Nilachal?

S: Die Pilgerreise ist nur ein Mittel zum Zweck. Eigentlich ist sein wichtigstes Ziel die Belehrung, Erneuerung und Verbreitung des Vaishnabismus!

M: Warum haben Sie ihn nicht durch logische Überlegungen überzeugt, weiterhin hier zu bleiben?

S: Ich habe mein Bestes versucht, aber er ist vollkommen autark, eine  in sich ruhende „divine Entität“.

M: Da selbst Sie als sehr Gelehrte Person ihn als göttlich bezeichnen, habe ich nun keinerlei Zweifel mehr. Nur is es so, dass ich von so einem Glück ausgeschlossen bleibe!

S (mit tröstender Stimme ):

Maharaj, seien Sie nicht betrübt. Er wird bald zurückkehren und dann  weiterhin in Nilachal bleiben. Aber dafür benötigt er dringend ein  geeignetes Domizil, es muss  sehr geräumig, einsam und in der Nähe des  Sri Jagannath Tempels gelegen sein.

M: Sehr gerne! Das ist doch eine Kleinigkeit. Er bekommt das Anwesen von Kashi Misra !

Sharbabhouma war sehr erfreut. Kashi Misra war der Guru des Königs! Anschließend öffnete Sharbabhouma sein Herz und erzählte seine überwältigenden Erlebnisse mit K.C. voller ansteckender Begeisterung!                                    

      *                     *                          *                       *        

Die Ankündigung von K.C.s unmittelbarer Ankunft löste eine Welle von nie da gewesenem, freudigem Aufruhr aus, nicht nur bei den ihm nahstehenden Gläubigen, sondern auch bei Sharbabhouma. Hinzu kommt, dass die Nachricht, dass sogar der Maharaja den jungen Mönch hingebungsvoll erwarte, praktisch den gesamten Großstaat Odisa in einen Sakral-Sentimentalen Taumel versetzte. Shrabbhouma arrangierte mit königlicher Ermutigung und Unterstützung einen fulminanten Empfang.

Kaum angekommen, nahm K.C. zunächst die Huldigungen entgegen und umarmte dann jeden voller Liebe. Anschließend gingen sie in den Jagannath Tempel. Dort flüsterte Gopinath Sharbabhouma, ins Ohr, wo K.C. nun wohnen solle. Er erwiderte, dass K.C. heute bei ihm übernachten werde und ab morgen dauerhaft bei Kashi Misra. Dann sagte er zu K.C.,“ Prabhu (Herr), Maharaja hat mit großer Freude Ihren künftigen Aufenthaltsort bestimmt. Es ist das Anwesen von Kashi Misra. Das ist weitläufig, in der Nähe des Meeres, sehr ruhig und umgeben von Blumenfeldern.“

    ( vide :  Sri Chaitanya – Vagabat von Brindabon Das  211 ff )

Im Anschluss an K.C.s Badezeremonie im Meer, bewirtete Sharbhouma ihn und seinen engsten Kreis mit großer Umsicht und den üppigsten Speisen. Danach legte sich K.C. zur Ruhe. Am Abend saß er umringt  von Gläubigen und erzählte lebhaft von seinen Erlebnissen während der Pilgerreise. Dabei schilderte er die Begegnung mit zahlreichen unterschiedlichen Menschen. Er berichtete von der Begegnung mit vielen Advayta-Vedanta-Anhängern, Hinayana-Buddhisten, Shiva-Verehrern, Radikal-Atheisten und auch viele Mönchen, aber leider wenig Krishna-Verehrern. Die einzige hervorragende Person, ein Mann namens Ramananda Ray, habe ihn sehr glücklich gemacht, und er ergänzte, dass er so einen „humorvollen und einfühlsamen (bengl.:Rashik) Menschen“ kein zweites Mal angetroffen hätte. Daraufhin erinnerte Sharbabhouma an seine Bitte vor dem Reiseantritt Richtung Süden! K.C. führte fort, dass er während seiner Reise zwei sehr seltene und kostbare Bücher entdeckt hätte. Das seien „Brahmasamhita“ und  das von Bilbamangal  Thakur  verfasste „Sri Krishna-Karanamrita“. Ramananda habe zwei Abschriften davon anfertigen lassen.

An  dieser Stelle sollte wohl erwähnt werden, dass es vor der Erscheinung  K.C.s  in Indien bereits folgende bedeutsame, handschriftliche Vaishnaba-Kanons gab:

– Jayadeva
– 
Sri Krishna-Karanamrita
– Vidyapati
– Srimad Vagavad-Gita
– Srimad Vagavadtam
und später Sri Jagannath-Ballava — Drama von Ramananda Ray.

Am folgenden Tag führte Sharbabhouma in den Morgenstunden K.C. in das Anwesen von Kashi Misra. Es war recht groß und es gab einige Häuserensembles mit  großen und kleinen Räumen. An den Vorplatz grenzte die Gartenanlage mit Blick aufs Meer. Sharbabhouma stellte K.C. Kashi Misra vor. Er umarmte Misra und sagte,“ Mein Körper und meine Präsenz gehört euch und ich werde mich gemäß euren Anweisungen verhalten.“ Die Umarmung versetzte Kashi Misra in einen geistig-erhabenen Zustand und plötzlich sah er K.C. mit vier Armen, ausgestattet mit vier Symbolen, „Samkha , Chakra , Gada , Padma“ also: mit Seemuschel, Diskus, Streitkolben und Lotus.

       (vide:  Sri Chaitanya Charitamrita von Basudev Ghosh 211 ff)

Im weiteren Verlauf führte er K.C. durch sein künftiges Haus und dessen Gemächer. K.C. vermittelte einen zufriedenen Eindruck. In dem geräumigen Versammlungsraum nahm K.C. Platz, rechts neben ihm Sharbabhouma. Dann strömte die Priesterschaft des Tempels, angeführt vom Kardinal herein, und zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft sowie unzählige Bewohner von Nilachal. K.C. umarmte den einen und anderen und begrüßte alle höflich. Inzwischen traf ein Herr mit vier Söhnen ein und verbeugte sich vor K.C. Sharbabhouma stellte ihn vor,“ Er ist Bhabananda Ray, und der Ihnen bekannten Ramananda Ray ist sein erstgeborener Sohn.“ K.C. umarmte Bhabananda Ray mit außergewöhnlicher Freude und sagte,“ Du bist der Vater von Ramananda, einen noch glücklicheren Vater gibt es nicht. Wer Ramananda als Sohn hat, der hat keine Wünsche und kein Verlangen mehr…“. Mit gefalteten Händen antwortete Bhabananda: „Ich gehöre der vierten Kaste an, bin also Sudra, gierig und minderwertig. Dass du mich umarmt hast, bezeugt, dass du von göttlichem Wesen bist….“. Danach stellte Bhabananda seinen jüngsten  Sohn Baninath, als KC.s ständigen Begleiter zur Verfügung.

     ( vide: Sri Chaitanya Vagabat von Brindabon Das  145 ff. )

Zu dieser Zeit sind vier Personen für  K.C.s Umsorgung  und Unterhaltung zuständig: Shiki Maity, der Staatsschreiber, seine Schwester Madhabi, Swarup Damodar und Ramananda Ray, der inzwischen eingetroffen war.

Swarup Damodar ist eine schillernde Figur. Sein ursprünglicher Name war Purusottam Acharya und er lebte in Nabadwip. Schon seit seiner Kindheit hatte er eine große Affinität für die Sri Krishna-Verehrung. Aber er war sehr introvertiert und nahm niemals an Krishna-Zeremonien oder Tanz und Gesang teil. Anlässlich einer Begegnung mit K.C., ahnte er sofort dessen wahre Identität und wurde sein stiller, aber begeisterter Anhänger. Als er hörte, dass K.C. das Mönchtum angenommen hatte, war er sehr verärgert, reiste nach Benares, ließ sich als Advayta – Vedantin initieren und erhielt den Namen „Swarup Damodar“. Das Wort „Swarup“ ist sehr signifikant, denn es bedeutet „die gleiche Natur, ein Ebenbild“, und dieses Phänomen der Denomination wird in den nächsten zwölf Jahren des Zusammenlebens mit K.C.  in mannigfaltiger Weise Blüte tragen! Kaum hatte er in Benares die Nachricht von K.C.s gegenwärtigem Wohnort in Nilachal erfahren, reiste er sofort dorthin und wurde von K.C. wie ein eigener Bruder empfangen. K.C. sagte: „Swarup, bis jetzt war ich blind, nun habe ich mein Augenlicht  wieder…“. K.C. ließ sofort ein Zimmer für ihn richten und ihm einen Diener zuweisen.

Im Leben von K.C. spielte Swarup verschiedene geschichtsträchtige Rollen in Einklang mit Bhaba-Kategorien. Er pflegte, bewachte, betreute, behütete, bediente ihn und übernahm auch die Rolle von Mutter, Bruder, Freund und sogar auch die Rolle des spirituellen Adepten, je nach göttlicher Exposition von K.C., wie in den mythologischen Erzählungen von „Sri-Krishna -Lila festgehalten. Das heißt, in seiner zwölfjährigen Gefolgschaft an der Seite von K.C., stimmte er harmonisch in jede seiner emotionalen Strömungs-Sequenzen ein. Beispielsweise die Phasen von Hocherfreut, Tiefbetrübt, Verlustsangst, die Trennung und wieder Vereinigung. Mal in der Rolle von Sri Krishna, Mal als Sri Radhadevi.  Dieser heilige Gleichklang in allen Gemütsphasen ist in der Vaishnaba-Literatur bekannt als „Gambhira“, also etwa „intrinsiche Entwicklung von Emotionen“ oder „Exsudat von vertieften Emotionen“. Diese außerordentlich wertvollen und einzigartigen Manifestationen und Demonstrationen durfte nur Swarup miterfahren, miterleben, auch mitmachen und mitgestalten. Um Nachwelt teilhaben zu lassen an diesem  sakral-mystischen Melodram, hat er später in einem einmaligen dichterischen Werk eine in Versform verfasste und zum Teil auch vertonte Chronologie hinterlassen. Diese seine Überlieferungen dienten auch als Grundlage für berühmte Dichtungen wie Sri Chaitanya- Charitamrita, oder Sri Chaitanya-Chandrodaya Drama!

Eine weitere bemerkenswerte Person war Paramananda Puri. Er war Glaubensbruder von Iswar Puri, einem anerkannten Gelehrten. Er hat K.C.s Ruf bereits gehört und war schon eine zeitlang auf der Suche nach ihm.  Zunächst suchte er in einigen Südstaaten nach ihm, aber er hörte, dass K.C. Richtung Norden unterwegs war. Also änderte er seine Route entsprechend. Während seiner mühsamen Reise dachte er, dass er die treffsicherste Information wohl in Nabadwip bei den zahlreichen Anhängern von K.C. erhalten würde. In Nabadwip angekommen, besuchte er zuerst Satchimata, doch diese wusste nicht wo sich K.C.  gegenwärtig aufhielt. Aber inzwischen hatte Nityananda, mit K.Cs  Zustimmung, durch einen Mittelsmann die Nachricht von K.C.s Rückkehr nach Nilachal übermitteln lassen. Paramanada Puri hatte das Glück, davon während seines Aufenthalts  in Nabadwip  zu erfahren. Blitzartig verließ er also Nabadwip und brach Richtung  Nilachal auf. Dort angekommen, suchte er K.C. überall, und endlich erblickte er eine Menschenansammlung neben dem Tempel und eine selten schöne, harmonische und strahlende Gestalt in der Mitte der Menschenmenge. Alleine dieser Anblick bewegte sein Herz und Tränen strömten aus seinen Augen. Einer von K.C.s Wärtern, und zwar Kamalakanta, stellte K.C. Paramananda vor. K.C. verbeugte sich und bat ihn, in Nilachal zu bleiben. Paramananda nahm die Einladung freudig an und kündigte an, dass eine Gruppe von Anhängern aus Nabadwip während des „Ratha-Yatra-Festivals“ nach Nilachal kommen werde, um K.C. zu treffen. K.C. nahm die Nachricht zur Kenntnis und ließ er in seinem Anwesen ein Zimmer mit Diener für Paramananda Puri vorbereiten.

Danach trafen zwei weitere Persönlichkeiten in Nilachal ein  — Govinda und Kashishwar. Beide waren Jünger, die Ishwar Puri dienten. Diese erzählten, dass Ishwar Puri, bevor er starb, sie eindringlich gebeten habe, umgehend  K.C.. aufzusuchen und auch dort zu verweilen, denn er sei die menschliche Emanation von Sri Krishna! K.C. umarmte die beiden voller Freude und ließ Ihnen zwei Zimmer mit Service arrangieren.

Von nun an gab es für jeden von K.C.s Tempelbesuchen folgende Sitzordnung:

K.C. saß in der Mitte, vor ihm Kashishwar, rechts und links von ihm Paramnanda Puri und Brahmananda Bharati. Hinter ihm saßen Swarup und Govinda.

Wer ist dieser Brahmananda Bharati? Er ist der geistige Bruder von Keshab Bharati, der damals K.C. die Initiation zum Mönchtum erteilt hatte. Von seiner Glaubensausrichtung her hatte Brahmananda sein Leben lang den gestaltlosen Brahma meditiert. Kaum hat er den Ruf von K.C. gehört, eilte er, eher neugierig, nach Nilachal. Als K.C.von seiner Ankunft erfuhr, ging er selbst zu ihm, wie immer begleitet von der Gemeinde. Brahmananda blickte zu ihm auf, und, wie sich im Monsunsturm die schweren Wolken öffnen, wurde das Fundament seines bisherigen Glaubens erschüttert. Er verbeugte sich und sagte anschließend: „Ich bin nun davon überzeugt, dass die blaue Statue von Brahma-Jagannath im Tempel nur eine statische Figur ist. Aber hier ist ein goldfarbener Brahma-Krishna erschienen, und er ist lebendig und dynamisch! Ich habe mich ein  leben lang auf Advayta-Mayabad ( den  Zustand des körperlosen Seins) ausgerichtet und entsprechend meditiert. Aber in dem Augenblick, als ich Ihrer ansichtig wurde, wurde diese Leere des Raums erfüllt mit dem Krishna-Bewusstsein und meine Lippen sehnten sich danach, Sri Krishna-Nam zu besingen. Deshalb habe ich erkannt, dass Sie Sri Krishna in Menschengestalt  sind !“

Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich  K.C. in seinem normalen menschlichen Zustand, niemals solche  Äußerung angemaßt hat wie beispielsweise: Ich bin Gott oder göttliche Emanation oder göttlicher Repräsentant oder Gott in Menschengestalt oder Sohn oder Verwandter Gottes. Nicht einmal als Prophet oder gar als Adept oder als Apostel  hat er sich dargestellt. Aber die Menschen erfuhren beim Anblick seines Antlitzes eine Divine-Reflexion, ja, einen göttlichen  Widerschein, umgeben vom Ausströmen einer  bewegenden und unerklärlichen „Deo gratias“.

An darauffolgenden Tag trug Sharbabhouma mit großer Ernsthaftigkeit und flehender Ergebenheit vor, dass K.C. dem König Prataprudra eine Audienz gewähren möge, was er jedoch sofort ablehnte mit der Begründung, dass so ein luxusverwöhnter Genussmensch nicht zu seinem Umgang gehöre. Trotz eindringlicher Bitte gelang es nicht, K.C. umzustimmen. Daraufhin, als Trost, überreichte Sharbabhouma dem König einen Umhang von K.C.. Damit war König Prataprudra jedoch nicht recht zufrieden.

Während des Ritual-Bad- Festivals von Jagannath, kam der König persönlich nach Nilachal, begleitet von Ram Ray. Er hatte Prataprudra  aufgesucht, um aus seiner Position als Gouverneur entlassen zu werden und seine bisherige Aufgaben an den König zu überantworten. Nach dem Grund für sein Ausscheiden aus dem Amt gefragt, sagte er voller Begeisterung, er habe nun gefunden, wonach er all die Jahre vergeblich gesucht hatte. Er wolle nun für den Rest seines Lebens als Diener von K.C. in Nilachal bleiben, versenkt in göttlicher Symphonie von Sri Krishna! Raja war sehr bewegt von dieser hingebungsvollen Liebesbekundung  und verbeugte sich vor ihm.

In Nilachal angekommen und nach dem Besuch des Sri Jagannath Tempels, bat der König den Ram Ray, nochmals K.C. um eine Audienz  zu ersuchen! Danach traf Ram Ray K.C. und teilte ihm mit, dass die Liebe des Rajas für K.C. mittlerweile so tief sei, dass sie die Intensität seiner eigenen Hingabe sogar übertreffe!  K.C. antwortete: „Du bist Verehrer von Sri Krishna. Wer dich respektiert und verehrt, der hat Glück und wird auch Sri Krishnas Gnade erfahren.“ Das war der erste Hinweis auf K.C.s Barmherzigkeit gegenüber dem Raja! Im weiteren Verlauf lud er den Sohn des Königs ein, umarmte ihn und veränderte  so dessen Gemütszustand, dass er voller Ekstase zu tanzen begann.

Als der Prinz voller Freude und mit tränenfeuchten Augen zum Vater zurückkehrte, war er wie in Sri Krishna-Liebe geschmolzen. Der König  staunte. Er freute sich mit seinem Sohn, aber seine Sehnsucht,  K.C. ebenfalls persönlich zu begegnen, wurde noch brennender!

 ( Vide: Chaitanya-Chandrodaya von Dichter Karnapur  17/65)

Die Ankündigung von K.C.s Rückkehr nach Nilachal löste dort einen noch nie da gewesenen Freudentaumel aus. Viele Verehrer strömten ins Haus von Satchimata und Vishnupriya. Denn dort fanden unter der Leitung von Sri Advayta Acharya, große Feierlichkeiten und Feste statt. Obwohl es ein tropischer Sommermonat im Mai war, und Nilachal  zirka zwanzig  Tage Fußmarsch entfernt lag, eine gefährliche Meerenge zu überqueren war, sowie aus vielerlei anderen Gründen die Reise sehr gefährlich war — schlossen sich etwa 200 begeisterte Verehrer zusammen, geleitet von Sri Advayta  Acharya, um nach Nilachal aufzubrechen und den „Prabhu“(Herr) zu besuchen! Satchimata und Visnupriyas köstliche Speisen im Gepäck machten sie sich auf den Weg und nahmen die ganzen Strapazen anscheinend  leichthin und spielend auf sich.

König Prataprudra bekam Kenntnis davon und bereitete den Pilgern  aus Nabadwip einen großen Empfang. Kaum in Nilachal angekommen legten die Pilger die Fußkettchen mit Glocken an und begannen zu tanzen und  Krishna-Lieder zu singen, begleitet vom Rhythmus des Tom Tom, der Zimbel und sonstiger Percussionsinstrumente. Prataprudra begrüßte zusammen mit Gopinath  die Pilger vom Dach des Palastes aus und war von der herrschenden sakralen Atmosphäre bewegt. Als sich die Gruppe dem Anwesen genähert hatte, in dem K.C. wohnte, trat dieser freudestrahlend in Begleitung seiner Gefolgsleute heraus und grüßte jeden Einzelnen. Eine tiefe Zufriedenheit und Liebe umhüllte die Pilger. K.C. war zu der damaligen Zeit zirka 27 Jahre alt!

Inzwischen, der Empfehlung von Saharbabhouma folgend, hatte  der König, Kashi Misra, die Anweisung erteilt, einen größeren Wohnkomplex mit entsprechender Anzahl an Zimmern, und einem Versammlungsraum zu arrangieren sowie umfangreiche Verpflegung für die Pilgerschaft bereitzustellen.

Der König begann nun, vom Strom der Sri-Krishna-Bewegung getragen, ins Uferlose zu schwimmen und sich mit großem Interesse mit Sharbabhouma unentwegt über K.C. zu unterhalten. Sharbabhouma bestätigte, dass, gemäß dem zurzeit relevanten Kanon, dieser „Kali-Yuga“ – Sri Krishna Nam-Gesang, der einzige Weg und die einzige gangbare Religion sei. Deshalb ist Sri Krishna in der Gestalt von K.C. erschienen!

  „… Krishnavarnam dwishai KrishnaSnagopangastra Parshadam…“

       (  vide: Srimad Vagabatam 11.Kapitel / 4. Abschnitt/  29. Verse).

Der König äußerte daraufhin, dass er vollkommen davon überzeugt sei, dass K.C. die göttliche Entität verkörpere, aber warum gebe es doch einige Gelehrte, die seinen  Status nicht anerkannten? Sharbabhouma erwiderte, dass solches Glück zu erfahren ausschließlich von der Gnade Gottes abhänge. Es gebe das Beispiel von Brahma. Dieser habe Sri Krishna ebenfalls nicht erkannt. Dann zitierte er folgenden Vers:

„…Tathapi te Deva Padambujadwaya Prashadleshanugrehita ..!.“

( vide: Srimad Vagabatam 10. Kapital / 15. Abschnitt / 28. Vers) Inzwischen trafen Kashi Misra und Mahapatra bei K.C. ein und voller Ergebenheit trugen sie vor, dass die Unterkünfte für die Pilger, entsprechend des Befehls des Königs, schon vorbereitet und hergerichtet seien. K.C. nahm es zur Kenntnis und sagte: „Gopinath, zeige den Gästen ihre Aufenthaltsräume und sage diesen, dass sie zuerst im  Meer baden und dann zu mir kommen sollen, um gemeinsam die Speisen einzunehmen.“ Anschließend arrangierte K.C. für den Moslem Haridas einen Raum inmitten der Gartenanlage.

Ein Tag vor Sri Jagannaths „Netrotshab“*

(* Mathologischer Hintergrund von Netrotshab! )

Einen Tag vor den Netrotshab-Feierlichkeiten reinigte K.C. voller Begeisterung die gesamte Tempelanlage, zusammen mit seinem engeren Gefolge. Er wurde tieftraurig, weil er die Begegnung mit Sri Jagannath entbehren musste. Während der Netrotshab zeigte K.C. wieder einmal ein seltsames Verhalten: er schlüpfte in die Rolle von Sri Radhadevi – vollkommen lebensecht!

( vide: „…Heri Gora Nilachal-Na   Nija Parishadgan Sath…“

 (Text des  Gesangs vom Augenzeugen  Narahari in Bengali.)

Am darauffolgenden Tag fand der berühmte „Ratha-Yatra“ Festzug statt. Sri Jagannath, Bruder Balaram und Schwester Shubhadra sitzen in einer Kutsche, die zu ihrem Ziel mit dem Seil von Menschenhand gezogen wird, was als eine Heilige Handlung gilt! Die Kutscherfahrt erinnert daran, dass Sri Jagannath in einer Kutsche fünf Tage nach der Bad-Zeremonie von Nilachal nach Sundarachal gefahren ist, dort sieben Tage in einer Blumenlaube mit Radha Rani verbracht hat und auf dieselbe Weise wieder nach Nilachal zurückgekehrt ist. Der Name leitet sich ab von: Netra = Augen und Utsab = Feier.

(Für Details über Ratha-Yatra-Festival siehe Wikipedia!)  

Vor lauter Freude voller Erwartung fand K.C. keinen Schlaf. Früh am Morgen stand er auf, weckte die Gemeinde und gemeinsam gingen sie  baden. Danach beeilten sie sich, um pünktlich an der Zeremonie teilzunehmen. In der Nähe des Tempels angekommen, sahen sie voller Bewunderung, die wunderschön dekorierte Kutsche. Dieses Mal hatte König Prataprudra aus lauter Freude und auch, um K.C. zufriedenzustellen, viel mehr schmückende Objekte für Sri Jagannath und die anderen zur Verfügung gestellt. Die buntesten Farben, die goldschimmernde Bekleidung und die Ornamente in jeder Form waren äußerst beeindruckend. Bunte Fahnen wehten auf dem Dach der  riesigen Kutsche, die Glocken läuteten und die Musikanten spielten sakrale Lieder. Die schwergewichtige Statue von Sri Jagannath wurde von kräftigen Männern hochgehoben und auf dem Thron, der auf der Kutsche stand, wieder abgesetzt. Der vorgesehene Weg, den die Kutsche nehmen würde, war mit feinem Sand bedeckt und entlang der beiden Seiten des Weges gab es Blumenarrangements. Traditionsgemäß hatte man vor der Kutsche ein starkes Seil angebracht, damit diese von Hand gezogen werden konnte. Der König ging voraus, um symbolisch den Weg mit einem goldenen Feger zu säubern und parfümiertes Wasser zu zerstäuben. K.C. versammelte seine ganze Gemeinde und teilte sie in sieben Gruppen ein. Davon wurden vier Gruppen vor der Kutsche, zwei Gruppen neben der Kutsche und eine hinter der Kutsche angeordnet. Jede Gruppe hatte sechs Sänger, zwei Perkussion- Spieler und einen Tänzer.

Sobald das Seil angezogen wurde und die Kutsche sich in Bewegung setzte, begann K.C. vor der Kutsche zu tanzen, begleitet von den Rhythmen von vierzehn Perkussions-Instrumenten, zweiundvierzig Sängern und sieben Tänzern. Obwohl sich tausende Menschen von nah und fern zusammengefunden hatten, um diese Zeremonie mitzuerleben, blickte König Prataprudra voller Faszination und Ehrfurcht nur in Richtung von K.C. Er sah, dass die riesige Kutsche abrupt zum Stillstand kam, als ob Sri Jagananth selbst dem Gesang lauschen wollte. Dann kam es ihm vor, als ob auf dem Thron von Sri Jagannanth K.C. höchst selbst sitzen würde. Der König, nun ebenfalls tief berührt, kämpfte mit dem, was er wahrnahm.

Inzwischen holte K.C. aus den sieben Gruppen die Sänger zu sich, und zwar Sribash, Mukunda, Haridas, Madhab, Govinda Ghosh, Govinda Datta,Ramai,Raghab, Govindananda und Swarup als Chorleiter. Kaum hatten sie angefangen zu singen, begann K.C. im Rhythmus zu tanzen. Wie der Augenzeuge Murari Gupta schreibt, warf sich  K.C. zuerst der Länge nach vor die Jagananth Statue, dann stand er auf rezitierte  Gebete. Der Dichter Karnapur erwähnt die Gebete wie folgt:

         „Namo Brahmanyadevaya Gobrahmanya Hitaya Cha,                        jagadvitataya Krishnaya Govindaya Namo Namoh….“

                   (vide : Chaitanya Charitamrita  Verse 1-3)

Anschließend setzte K.C. seinen Tanz fort, zuerst im Kreis, dann sich vorwärts bewegend, und wurde dabei immer schneller, wilder und wilder. Man hatte den Eindruck, die Erde würde sich schon bewegen. K.C. stürzte durch seine wilden Bewegungen einige Male zur Boden. Die Gläubigen waren besorgt, dass er sich verletzten könnte, deshalb hielten sie sich an den Händen, um K.C.s  Bewegungsradius zu begrenzen. Abrupt landete er rücklings am Boden und wurde ohnmächtig. Swarup legte K.C.s Kopf auf seinen Schoß, Nityananda fächerte ihm Luft zu, Haridas sang das Harinam-Lied und einige sprenkelten kaltes Wasser auf sein Gesicht. Unzählige Menschen, sehr betroffen und geschockt, fragten, ob K.C. wieder zur sich kommen würde. Wie aus heiterem Himmel öffnete dieser seine Augen, schrie, stand wieder auf und fing wieder an zu tanzen.

In Anbetracht auf dieser doch recht gefährlichen  Entwicklung ließ sich die Gemeinde etwas einfallen. Sie formten mehrere hintereinander angeordnete Kreise. Den ersten Kreis bildeten Nityananda, Sri Advayta und Swarup. Den zweiten Kashiswar, Govinda, Sribash, und die anderen. Den dritten Kreis bildete der König selbst mit seiner Ministerschar. K.C. hielten sie wie immer in ihrer Mitte.

Dieser epochale Tanz anlässlich des Ratha-Yatra-Festivals und K.Cs Verhalten waren so beeindruckend, bewegend, betörend und so bemerkenswert, dass die Verehrer-Gemeinde unglaublich viele Details  minutiös für die Nachwelt niedergeschrieben hat.

Und wie ging es weiter?

Versunken in der fließenden Strömung der Sri Krishna-Liebe tanzte und tanzte K.C. und befand sich außerhalb der gemeinen Welt. Er war ganz und gar eingetaucht  in die emotionale Befindlichkeit von  „Madhura“, also in die Rolle von Sri Radhadevi! Plötzlich sah er den Verehrer Bakreshwar vor sich, umarmte ihn und gab ihm einen Kuss. Dasselbe wiederholte er mit Swarup Damodar und begann auch mit ihm zu tanzen.

„… Dhara Katisutrakam Prabhuritiiha Damodara…“.

„Unmilanmakaranda           Sundarapadadwandarabindollasadbindyallsha…“

                          ( vide: Sri Chaitanya Charitamrita 16/31 Und 16/32 )

Erneut fiel K.C. zu Boden, unmittelbar vor König Prataprudra. Seine Sehnsucht trieb ihn zur einer sofortigen Handlung. Er setzte sich auf den Weg, nahm die beiden Füße von K.C. auf seinen Schoß und fing an, sie mit aufgelöstem Herzen liebevoll zu streichen.

Allmählich erreichte die Kutsche Bulagandi-Ost. Südlich davon war eine Parkanlage (bengl.: Upabon), im Norden der Kokosnuss-Wald. Entsprechend der Abfolge des Rituals erfolgte hier das Opfern von Speisen durch den König und die Königin sowie von Seiten der Bevölkerung, je nach der Möglichkeit der einzelnen Gläubigen. Die geweihten Speisen wurden dann an die Bedürftigen verteilt. Da an diesem Ort wegen der unglaublichen Menschenansammlung enormer  Lärm entstanden war, besänftigte die Gemeinde K.C. und eskortierte ihn in eine schöne, große Laube. Dort nahm er Platz, streckte seine Beine und ruhte sich aus.

Inzwischen hatte sich der König, dem „Vaishnaba-Ritus“ folgend, schlicht angekleidet und begleitet von seiner Gefolgschaft trat er in die Laube von K.C. ein.

König Prataprudra ging in den Raum hinein und sah  K.C. in bequemer Sitzhaltung umgeben von der Gemeinde und rezitierend:

“  Aghatam Anadadudham Padambuya…“

                        ( vide: Chaitanya – Chandrodaya Drama  4/125 )

 Also: Die Lieblichkeit deiner Lotosfüße ist unvergleichbar..

Kaum hatte der König diese Zeile beherzigt, da änderte sich seine Wahrnehmung. Er zögerte, die Füße von K.C. anzufassen, weil er dachte, dass die Berührung irgendwelche negativen Folgen haben könnte. Sofort fiel ihm die Zeile von Srimad-Vagabatam ein:

    “ Sarbe  Vagabat  Srimat  Padasparsha  Hritashubham …“

Also:

Falls meine Berührung  nicht rechtens sein sollte, die Folgen        werden sich durch göttliche Gnade in sich auflösen.

Einige Zeit zuvor hat Ramananda Ray  zum wiederholten Male dem König gesagt: „Du musst zuerst die Füße von K.C. berühren und dann aus dem „Sri Krishna-Freuden-Spiel“ (bengl.: Rasha-Lila) rezitieren“. Welche Verse er aus dem „Gopi-Gita“ zitieren sollte, hatte er dem König ebenfalls umgehend beigebracht.

Nun nahm der König Platz und begann die Füße von K.C. sanft zu streicheln. Dabei zitierte er langsam die erste Strophe von Gopi-Gita wie folgt:

 “ Jayati Tehdhikam Yanmana Braysrayata Indira Ssasvadatra….“

Also:

Die Gopis (Bauernmädchen) sagten: „Herr! unser Brajadham (Dorf, wo Sri Krishna seine Kindheit und Jugend verbrachte) ist heute noch berühmt wegen deiner Geburt, und deshalb schmückt „kamala“( die Göttin Lakshmi) diese Gegend durch ihre ständige Gegenwart. Geliebter, alle Menschen hier befinden sich im Freudentaumel und die Gopis sind nun geschwächt durch die ständige Suche nach dir. Bitte erscheine vor uns…“

K.Cs. sanftes Gesicht wurde noch fröhlicher. Als der König dies sah, zitierte er den nächsten Vers. K.Cs. Glücksgefühl wurde noch eindringlicher und mit geschlossenen Augen fragte er ,“Sag bitte, was haben die Gopis dann vorgetragen?“

Zum ersten Mal hatte K.C. mit dem König gesprochen. Mit belegter Stimme trug Prataprudra die nächsten zwei Verse vor. Nun erreichte  K.Cs. emotionale Befindlichkeit den Kulminationspunkt und mit einem Freudenschrei  stand er auf, öffnete seine Augen, schrie „Vurida, Vurida“, umarmte den König und sagte,“ Wer bist du, mein Herzensfreund, du hast mein durstiges Herz ganz unvermittelt mit Hilfe von Sri Krishna-Lila-Nektar-Fluss gestillt ! Ich bin ein Bettelmönch und habe nichts zu verschenken, außer dieser Umarmung.“

Der König war vor Aufregung ganz außer sich. Deshalb beruhigte ihn Gopinath und gratulierte ihm, dass seine Sehnsucht endlich gestillt sei.

K.C. verließ den Raum und ging in eine andere geräumige Laube im Park, begleitet von der Gemeinde. Inzwischen hatte der König eine sehr üppige Speisefolge für K.C. arrangieren lassen. Diese Speisen trugen Sharbabhouma, Ramananda und Baninath zu K.C. Mit großer Freude genoss er einige der Köstlichkeiten. Anschließend veranlasste Prataprudra die Beköstigung der Gemeinde und servierte die einzelnen Gerichte sogar persönlich! Zum Abschluss, fand die Armenspeisung statt.

Die Kutsche erreichte nun ihr Ziel und Sri Jagannanth konnte auf dem Thron Platz nehmen. Sofort begann  K.C.  gemeinsam mit der Gefolgschaft „Kirtana“ zu singen. Am Abend fand das Lichterfest (bengl. Arati) statt. Diese Nacht, wie auch die folgenden Nächte, d.h. so lange sich Sri Jagannath in Sundarachal aufhielt, verbrachte K.C. mit Gefolge in dieser Parkanlage.

Wie  bereits erwähnt, waren über zweihundert Menschen aus Nabadwip nach Nilachal gekommen, und  weitere etwa zweihundert neue Verehrer aus verschiedenen Regionen des Landes hatten sich dazugesellt. Der Tagesablauf war etwa folgendermaßen: Morgens badete man gemeinsam im Meer und trug im Wasser mancherlei Spiele aus. Dann besuchte man Sri Jagannanth-Tempel,  gefolgt von Sri Krishna-Lila-Gesang und Tanz. Anschließend traf man sich in einem der vielen Parks und genoss  gemeinsam die Speisen, die durch den König veranlasst, bereitstanden. Anschließend trug man sich selbst und K.C. mit der Chandan-Paste auf und schmückte sich mit Blumengirlanden. Dann gab es die Ruhepause und einen Spaziergang. Am Abend erfolgte die Lesung, Diskussion und Gesang.

Dann kam das „Yanmashtami -Fest“. Anlässlich dieser Zeremonie beschenkte der König jedes Gemeindemitglied mit einem neuen Kleid und K.C. überreichte er eine sehr kostbare Bekleidung. Aber K.C. befand sich, wie immer, in meditativer Einkehr und bekam davon nichts mit. Danach feierten sie die „Deepabli“ (Lucia-Fest) und „Rashlila“ (Tanz in der Vollmondnacht zu Ehren von Sri Krishna.)

Wie der Windhauch waren vier Monate vergangen seit der Ankunft der Gäste aus Nabadwip. Inzwischen hatten sie, durch die von K.C. stark inspirierte Sri Krishna-Liebe, ihre Familien und Bindungen fast vergessen. Nun aber forderte K.C. sie auf, zu ihren Familien zurückzukehren. Die Anwesenheit der Gäste aus Nabadwip hatte  K.C. geholfen, seinen Verlust von Heimat und Familie einigermaßen zu kompensieren. Deshalb auch bat er alle, im nächsten Jahr zum „Ratha-Yatra-Fest“ wiederzukommen. Er umarmte einige der Gäste und präzisierte seine künftige Aufgabe. Im Verlauf des Abschieds blickte er auf Sribash. Er war ein Freund seines Vaters und seine Frau Malini war die Freundin von Satchimata. Mit Tränen in den Augen sagte K.C.: „Meine Mutter ist jetzt in fortgeschrittenem Alter. Meine Aufgabe ist es, ihr zu dienen, aber womit bin ich stattdessen beschäftigt! Wer soll für meine Familie sorgen? Durch mein Eintreten in das Mönchtum habe ich mich von dieser ehrenvollen Aufgabe entfernt. Wie soll ich diese Schuld wohl begleichen? Sie lieben mich so sehr. Pandit, bitte sagen sie ihr, dass sie mir bitte verzeihen möge, falls der dumme Junge durch die Trennung große Sünde auf sich geladen hat. Denn um Sri Krishna-Liebe zu empfangen, braucht niemand ein Mönch zu werden. Das war meine eigene, unüberlegte Entscheidung.“ Dann übergab er das goldene Kleid und zahlreiche Spezialitäten des Landes an Sribash — alles für seine Familie. Nicht alle Gäste aus Nabadwip kehrten Heim. Einige blieben bei K.C.. Dazu gehörten neben anderen Gopinath, Swarup Damodar, Nityananda, Gadadhar, Haridas, Samkar, Haridas II, Ramdas, Gadadhar Das, und Basu Ghosh (der Dichter und Protokollant).

Und   Krishna Chaitanya?

Am Tage ging er schon früh in den Tempel, schaute in das Antlitz der Jagannath-Statue und fing an zu weinen, ohne mit den Wimpern zu zucken. Seine Augen röteten sich. Etwa zwei Stunden stand er so unbewegt. Unzählige Menschen waren Zeuge der emotionalen Veränderung seines Körpers. Dann traf entweder Swarup oder Govinda ein und führte ihn wieder nach Hause. Anschließend fand das Baden im Meer statt. Nach ihrer Rückkehr fanden sie K.C. auf einer Holzpritsche (bengl. Pinri) sitzend vor. Er vollzog rituelle Handlungen und betete mit (Mala) also einem Rosenkranz. Zwecks besserem Verständnis soll hier ergänzt werden, dass diese rituellen Übungen der Lehre dienten, nicht K.C. selbst, und Demonstrationen für die Menschen seiner Zeit und Wegweiser für die Nachwelt waren, — denn eine lodernde Flame braucht man nicht mehr anzuzünden! Als das Ritual zu Ende vollzogen war, nahm K.C. sein Mittagsmahl ein und dann begab er sich zur Ruhe, denn er hatte die ganze Nacht mit der Hermeneutik und Gesang verbracht.

Govinda streichelte seine Füße und beobachtete die spontanen Veränderungen des Gesichts des Schlafenden. In Zeiten von Neumond  blieb K.C. die meiste Zeit im Hause und genoss nächtelang zusammen mit Swarup und Ram Ray das platonische Liebes-Melodram von Sri Krishna und Radhadevi in allen emotionalen Höhen- und Tiefen (bengl. Gambhira).

Es geschah wieder etwas Neues!

Als die vielen Pilger nach Nabadwip zurückgekehrt waren, wollte Sharbabhouma die Gelegenheit nutzen und den K.C. ganz alleine nach Herzenslust beköstigen. Seiner flehenden Bitte folgend, gab dieser seine Zustimmung für höchstens fünf  Tage, denn Sahrbabhouma hatte die Absicht geäußert, ihn einen ganzen Monat bewirten zu wollen.

Sharbabhouma hatte zwei Kinder, einen Sohn namens Chandrashekhar und eine Tochter namens Shathi. Sie war verheiratet und wohnte mit ihrem Mann bei den Eltern. Ihr Mann namens Amogh war charakterlich instabil und konsumierte Opium. Eines Tages,  während K.C .das üppige Mittagsessen zu sich nahm, trat Amogh ins Zimmer, schaute auf  die Platte voller Speisen, vor der  K.C. saß, umgeben von Schalen mit zahlreichen Gerichten, sagte laut: „Mein Gott, ein einzelner Mönch kann soviel essen!“ Sharbabhouma, etwas verlegen, wollte ihm Einhalt gebieten, da war Amogh schon wieder  verschwunden. Ein paar Tage später kam die Nachricht, dass er an Cholera erkrankt sei, wohl sterben würde und irgendwo in der Stadt lieg. Sharbabhouma vernahm dies mit Genugtuung. Die Tochter jedoch wurde tieftraurig.

K.C. war unterwegs in Begleitung von Gopinath, als dieser über die Situation berichtete, d.h. Amoghs lebensbedrohlichen Zustand und   die Gleichgültigkeit von Sharbabhouma. Offenbar sehr beunruhigt antwortete K.C.: „Was sagst du da, der junge liegt im Sterben? Bitte bringe mich sofort zu ihm!“ Bei ihm angekommen, berührte K.C. die Brust des totkranken Jungen. Sofort stand dieser auf und murmelte :  Krishna, Krishna und begann zu tanzen. Tränen kullerten aus seinen Augen. K.C. beobachtete die Szene mit einem Schmunzeln. Dann gingen sie gemeinsam mit Amogh zu Sharbabhouma. Dort übergab er den bekehrten Schwiegersohn und bat Sharbabhouma, dem  Jungen zu verzeihen, denn von nun an sei er vollkommen verändert und  habe nur in „Vaishnabismus“ die Orientierung seines Lebens gefunden !“

          (vide: Chaitanya-Vagabat von Brindabon Das. 18/135)

In Nilachal war K.C. niemals alleine, denn fast jeden Tag besuchten ihn mittlerweile etwa hundert Verehrer aus der Hauptstadt Puri. Hinzu kamen noch etwa zehn Mönche aus den Gruppen Puri, Bharati und andere Personen, die auch in seinem Ort wohnten.

In Chaitanya-Charitamrita findet man bestätigt, dass sich die Essenz der „Gambhira“-Melodie lediglich fünf Personen auf Grund ihrer enormen Bewusstseinsentwicklung entschleiert hatte, von diesen auch erkannt wurde und dass sie sie in göttliche Schwingungen versetzt hatte. Die fünf sind die beiden Brüder Shikhi Mahati, Murari Mahati, die Schwester Madhabi Mahati, Ram Ray und Swarup Damodar!

Monate vergingen. Die Zeit für die „Ratha-Yatra-Zeremonie“ kam näher. Aus diesem Anlass hatten dieses Mal zahlreiche Verehrer und auch Neugierige zusammen mit ihren Familien, die zirka zwanzigtägige beschwerliche Reise nach Nilachal auf  sich genommen, vor allem um dem sakralen Ausdruck von K.C.s Anlitz sowie seiner göttlich-schwingenden, die Sinne betörenden Stimme zu erleben und zu lauschen. Für die Festlegung der Strecke und die Organisation der Übernachtungen war der Verehrer Sivananda Sen zuständig. Sein Sohn der Dichter Karnapur, war der berühmte Verfasser von Chaityna-Charitamrita und Chaitanya- Chandrodaya-Drama !

Als diese große Gruppe von Menschen den Ort Atharonala erreicht hatte, sahen sie dort Govinda stehen, mit zwei Girlanden in den Händen als Willkommensgruß – von K.C. persönlich. Er überreichte eine Girlande an Sri Advayta Acharya und an Nityananda die andere. Alle stimmten die Sri-Krishna-Lieder an und tanzend und musizierend nährten sie sich der Stadt. Begleitet von der Gemeinde ging K.C. den Gästen entgegen. Zuerst nahmen sie ein Bad im Narandra-See, dann trafen sie  in dem Wohnkomplex von K.C. ein. Im Speisesaal nahmen sie die bereits vorbereiteten Speisen zu sich und anschließend erfolgte ein geselliges Beisammensein .

In den folgenden Tagen übernahmen die Frauen die Verantwortung für die Zubereitung der Speisen. Die Schwester von Satchimata, also die Tante von K.C., hatte besondere Köstlichkeiten für ihn vorbereitet. Deshalb warf  K.C., wie so oft, das Gebot der restriktiven Nahrungsaufnahme, wie es sein Mönchtum verlangte, über Bord, und genoss die üppigen Gerichte und lauschte dabei all den Neuigkeiten über seine Familie – Mutter und Gemahlin. Er erwiderte seine  Meinung und vertraute seiner Tante seine Einsichten an und bat sie, das alles zu Hause zu erzählen!

Allmählich kamen die Tage der „Ratha-Yatra-Zermonie“. Mit überschwänglicher Freude tanzten und sangen die Verehrer vor der Sri-Jagannath-Kutsche. Manchmal allen voran, aber auch inmitten der Gemeinde tanzte und sang K.C. vollkommen aufgelöst und außer sich vor Erregung!

Wie immer beschenkte der König Prataprudra, anlässlich dieser Feierlichkeiten, alle Gemeindemitglieder mit neuer Bekleidung. Aber  K.C. schenkte er goldbestickten Sari, indirekt für seine Frau Vishnupriya. K.C. übergab den Sari an Damodar mit der Bitte um Weitergabe an die Familie, denn Damodar war sozusagen  hauptamtlich dafür zuständig  K.C.s  Familie zu behüten, zu begleiten und zu unterstützen. Dieses Ritual des Beschenkens wiederholte der König jedes Jahr!

K.C.s Herz war ständig betrübt und schwer aus zweierlei Gründen. Zum einen fühlte er Schmerz über die Trennung von Sri Krishna, und  zum anderen fühlte er Schmerz, stellvertretend für die vielen Menschen, die im Leben verirrt, orientierungslos und leidend waren. Deshalb saß er ein paar Tage später mit Nityanada, Gadadhar und Swarup zusammen und eröffnete ein Gespräch mit einem Thema von großer Tragweite. Außer K.C. hatten auch Gadadhar, Swarup und Nityananda das Mönchtum angenommen. Plötzlich sagte K.C. zu Nitai: „Sri Pad, (ehrenvolle Anrede), du vernachlässigst deine eigentliche Aufgabe und besuchst mich so oft! Wenn du bei mir verweilst, dann werden eine Fülle von Menschen die Liebe zu Krishna nicht erleben. Ich würde gerne selbst all diesen Menschen „Sri Krishnanam“ ins Bewusstsein verankern. Aber leider habe ich das nicht geschafft. Denn, sobald ich „Harinam-Krishnanam“ ausspreche, werde ich durch die Macht dieser göttlichen Strömung weggetragen und kann mich nicht mehr finden! Gour (Nabadwip) ist ein schwieriges Terrain, weil dort die Scholastiker das Sagen haben. Da benötigt man eine starke, überzeugende Persönlichkeit. Niemand außer dir wird dort erfolgreich sein. Nun meine Bitte an dich, du solltest das Mönchtum aufgeben, ins Familienleben eintreten und die Sri-Krishna-Liebe, und die Sri-Krishna-Nam jedem verkünden, sie verschenken, verbreiten und dadurch verewigen. Viele denken, dass man, um Vaishnab (Vishnu= Sri-Krishna-gläubig) zu werden, auf  das Familienleben verzichten muss. Das ist vollkommen falsch! Wer das Familien-Boot umsichtig durch die  stürmischen Winde und Wellen des Lebens steuert und dabei auch Sri-Krishna-Nam und  die Sri-Krishna-Melodie im Herzen trägt, der ist ein wahrer Sri-Krishna-Verehrer! In Begleitung von Abhiram, Gadadhar Das, Basu Ghosh, möchtest du Analphabeten, Menschen aus den niederen Kasten, Gelehrten, Lernenden, die Charakterlosen und Kriminellen, Hausfrauen und Mädchen sowie Mittellosen, Unberührbaren und auch Muslimen  — allen diesen „Sri-Krishna-Nam-Nektar“ verschenken.“
Gadadhar, der ja während dieses Gesprächs anwesend war, hatte  diese Worte in Versform protokolliert!

Nityananda war wie paralysiert! Denn es ist nicht einfach, ein eingefleischtestes, lendenschurztragendes, streng  dem Ritual folgendes Leben aus dem Stand zu verlassen und in eine recht üppige Lebenswelt einzutreten. Aber er folgte K.C.s Anweisung, kam nach Nabadwip zurück und löste eine gewaltige Sri-Krishna-Bewegung aus. Aber es gab auch Menschen, die ihn als „abtrünnigen Mönch“, als scheinheiligen Betrüger ablehnten.

Wieder vergingen vier Monate. Die große Pilgergruppe aus Nabadwip  war längst nach Hause zurückgekehrt. Solange die vertrauten, befreundeten Menschen oder gar Familienmitglieder in Nilachal weilten, fühlte sich K.C. sehr aufgemuntert und fröhlich. Aber in ihrer Abwesenheit ging er auf  in seiner geheimnisvollen Tiefe, in seiner sakralen Welt, die nur aus der Vereinigung und Trennung von Sri Krishna und Radhadevi, aus existentieller Freude und bodenloser Trauer bestand. Ganz gleich welche Rolle er auch übernahm, die erschütternden Emotionen überwältigten ihn so sehr, dass er lachte und weinte und seine Empfindungen so zum Ausdruck brachte, dass es die Anwesenden zu Tränen rührte. Diese Botschaften sind berühmt als „Gambhira Prolap“. K.C.s  ständige Begleiter Swarup und Ramananda versuchten ihn immer wieder durch die Einblendung belangloser Themen abzulenken, jedoch sobald die abendliche Dunkelheit herabsank, intensivierte sich K.C.s Gefühlslage. Daraufhin brachten die beiden ihn in einen isolierten Raum. Dort nahm er Platz, vor ihm brannten nur zwei  Öllampen. Nun versank K.C. vollkommen im Gefühlstaumel. Manchmal drückte er sich in eigenen Versen aus wie beispielweise:

 „…Yugaitam Nimeshna Chakkusa prabrishaitam…“

Also:

In Abwesenheit von Sri Krishna fühle ich  jeden Augenblick als eine Epoche, meine Augen sind wie die Regenwolken und die Erde versinkt in der Dunkelheit..  

Oder:

„…. Ashlishswa Ba Padaratam Pinashtu Mamodarshananma….“

Also:  

Swarup! Du hältst Sri Krishna für lüstern? Vollkommen egal! Er bringt mir Freude durch seine Umarmung, oder auch tiefe Trauer durch seine Abwesenheit – trotzdem, er ist nicht fremd, sondern der Inhalt und Sinn meines Lebens.

                              (vide: Gouranga Ashtak von Balaram Das  285ff)

Etwas später brachten Swarup und Ram Ray mit List und Tucke  K.C. ins Bett und schlossen die Tür von außen. Ram Ray ging nach Hause, Swarup und Govinda schliefen vor der geschlossenen Schlafzimmertür.

Der  Kodex des Mönch-Rituals schreibt vor, dass der Mönch einige Jahre nach der Initiation, wenn er sich in seinem Mönchtum  stabilisiert hat, einmal seine Familie und Heimat besuchen sollte, um den Segen für einen erfolgreichen Verlauf seiner Lebensaufgabe zu erbitten. Deshalb beabsichtigte K.C. seine Heimat Nabadwip zu besuchen, wieder einmal im Ganges zu baden und anchließend an seinem Sehnsuchtsort Brindabon zu verweilen. Der Tag für seine Reise nach Brindabon via Nabadwip war sogar schon festgelegt worden. Es war den Tag der Versenkung der Statue von Erdmutter Durga (bengl. Vjaya Dashami), der größten religiösen Zeremonie der Hindus. Sie dauert zehn Tage im Monat September. Diese Puja (hl.Zeremonie) findet inzwischen auch in verschiedenen Großstädten  in Deutschland  statt!

Die Nachricht von K.C.s Abreise aus Nilachal versetzte zahlreiche Verehrer in Trauer, wie König Prataprudra, Swarup, Ramananda, Sharbabhouma, Gadadhar, Kashi Misra, um nur einige zu nennen. Trotz wiederholter Einwände von K.C., begleiteten ihn viele Menschen, sowohl aus der Gemeinde als auch begeisterte Bürger des Landes. Um diese Menschenmenge abzuhängen, versuchte K.C. mal einen Zickzack-Kurs zu gehen, mal sehr schnell zu laufen oder sich hinter einer Waldung zu verstecken. Unterwegs überkam ihn die Freude, dass er in Richtung Brindabon unterwegs war und er das Spiel- und Manifestationsfeld von Sri Krishna besuchen würde. Dieser Gedanke begleitete und trug ihn durch die Tage mit all ihren Widrigkeiten. Er umarmte Bäume und Äste, Blumen und Pflanzen und vernahm Sri Krishna überall — ob stehend oder sitzend!

„…Uccheatha Pashha Pashhayam Krishnaschandrohvitohvitah ..“

              ( vide : Sri Chaitnya-Charitamrita :  Verse  61)

Also:

„In der Sri Krishna-Liebe versunken und überwältigt sagte er, schau, wie Sri Krishna es sich in verschiedenen Ästen und Zweigen bequem gemacht hat. Er ist überall, Ja, die Welt ist von Sri Krishna umfangen und umgeben…“

Bis zur Grenze von Odisa, hatten  König Prataprudra und Ramananda Ray,  an den  Aufenthaltsorten auf der  Reiseroute entsprechende Übernachtungsmöglichkeiten, die Verpflegung und alle Notwendigkeiten professionell  arrangiert. K.C. und seine Begleiter kamen zügig voran, jedoch verabschiedete K.C.an jedem Aufenthaltsort einen von seinen engsten Verehrern, wie Gadadhar, Sharbabhouma und die anderen. In der Hauptstadt Kattak kam der König persönlich und ließ sich in seinem Ornat vor K.C.s Füßen zu Boden fallen und verabschiedete sich voller Tränen.

Sogar in der von Moslems beherrschten Region, änderte das Bezirksoberhaupt beim Anblick von K.C. im Nu seine Einstellung, seinen Glauben und sein Verhalten und ermöglichte voller Demut eine gefahrlose Durchquerung des Landes und der Seen.

K.C. war wieder unterwegs! Nach der Stadt Panihati, erreichte er den Ort Kumarhatta. Dort nahm Sribash ihn in Empfang und brachte ihn wieder zu seinem Haus, wo schon einmal  K.C. acht Monate lang getanzt und gesungen hatte! Erneut gab es dort ein opulentes Willkommensfest, organisiert von den drei Brüdern Sribashs, also Sriram, Srikanta und Srinidhi und dessen Frauen und der Tochter Narayani. Sie wurde später die Mutter von Brindabon Das, dem berühmten  Verfasser  von  Sri Chaitanya- Vagabat!  Schließlich erreichte K.C. über die Ortschaften Kanchra Para und Shantipur seine Heimat Nabadwip. Zuvor jedoch ging er in Kanchra Para hinein ins Land und bewunderte die üppige Vegetation, die tropischen Blumen und sagte lächelnd, all das sei  der Schmuck von Shivananda Sen. Nicht nur zahlreiche Gläubige liefen hinter ihm her, sondern auch an beiden Seiten des Flusses begleiteten ihn unzählige Menschen. K.C. stattete Shivananda einen Besuch ab und auch Basudev Datta. Dann stieg er ins Boot und kam nach Shantipur und wurde von Sri Advayta Acharya herzlich empfangen. Aber K.C. wollte so schnell wie nur möglich nach Brindabon, deshalb verließ er unverzüglich Shantipur und sein Boot fuhr in Richtung Nabadwip. Hier wollte er ein paar Tage in einer  ruhigen Atmosphäre ausruhen. Deshalb stieg er in einem Vorort von Nabadwip namens Vidyanagar aus und kehrte im  Haus von Bachaspati, dem  Bruder von Sharbabhouma ein. Aber innerhalb von kürzester Zeit wurde sein Aufenthaltsort bekannt und hunderte Gläubige versammelten sich vor dem Haus und verlangten lautstark   eine Audienz. In Anbetracht dieser Situation flüchtete K.C. unbemerkt auf  die andere Seite des Ganges in die Ortschaft Phulia, ins Haus von Madhab Das. Jemand flüsterte Bachaspati diese Information ins Ohr, und sofort verriet dieser K.C.s neuen Aufenthaltsort an die Menge. Die gewaltige Menschenmasse von Männern und Frauen, Alt und Jung  versammelten sich um das Haus von Madhab Das. Der war einerseits wegen der Ankunft von K.C. vor Freude außer sich, anderseits war er jedoch sehr verängstigt, weil sein Haus, das in Leichtbauweise errichtet worden war, wegen dieser Menschenmenge einzustürzen drohte.

Solch eine Ansammlung von Menschen war wirklich ganz einmalig in der Geschichte der Menschheit, denn es gab weder eine gezielte Werbung, noch eine offizielle Nachricht zum Aufenthaltsort von K.C., geschweige denn eine agitatorische, aufpeitschende, an niedere Instinkte appellierende Rede und auch keine Anleitung für das Überholmanöver der eigenen Lebensläufe!

Die Chaitanya – Charitamrita beschreibt, dass sich die beseelte Menschenmenge mal weinend, mal lachend, sich gegenseitig umarmend, singend und tanzend um das Haus herum versammelte,   im Gefühlsüberschwang sich manche im Staub wälzten, darunter auch zahlreiche Scholastiker  —  alle wollten nur eins — den strahlenden Mönch einmal mit eigenen Augen erblicken und das Szenario der Offenbarung dieser Entität in der eigenen durstigen Seele zu reflektieren, um eine metaphysische Sublimierung zu erleben, zu erfahren! K.C. erfüllte den Wunsch von Demut geprägtem  Gesicht des Willkommenheißens!

Als K.C. sich im Hause von Bachaspati aufhielt,  bekamen Satchimata und Vishnupriya die Nachricht von seiner Ankunft. Am nächsten Morgen traf K.C. in Nabadwip ein. Er stieg aus dem Boot, bekleidet mit Mönchgewand und Paduka (Holzsandallen) an den Füßen. Shuklambar nahm ihn in Empfang und K.C. schritt die Wege entlang, die ihm seit seiner Kindheit so vertraut waren. Er genoss den Anblick von Bäumen, Blüten, Sträuchern sowie der Hütten und Häuser und der freien Felder. Wie immer aber begleiteten ihn tausende Menschen auf dem Weg.  Allmählich erreichte er sein Haus. Seine Frau Vishnupriya, schön  gekleidet, trat heraus und mit traurigem Gesicht verbeugte sie sich vor seinen Füßen.

Vishnupriya  sagte mit tränenerstickter  Stimme,“ Ich bin die Dienerin deines Herzens!“

Als K.C. diese sanfte Stimme und dieses Worte vernahm, war er wie gelähmt, aus seinem  Gesicht wich alle Farbe! Mit unendlicher Anstrengung fragte er: „Was ist dein Herzenswunsch, sag es mir?“

Vishnupriya antwortete : „Herr, den  größten Teil unseres Subkontinents hast du mit der Sri Krishna-Liebe beseelt und den Menschen den Weg der Befreiung gezeigt und ihn auch geebnet, nur ich liege versteckt, in einem verlorenen Winkel des Daseins.“

Diese bewegenden Worte  Vishnupriyas lösten einen starken emotionalen Wellenschlag aus und viele der versammelten Gläubigen fingen an zu weinen!

K.C. senkte  seinen Kopf und blieb einige Zeit still, wie versteinert. Dann erwiderte er mit empathischer Geste: „Liebe Vishnupriya, bitte erfülle den wahren  Sinn deines Namens.“

Vishnupriya entgegnete: „Aber ich nehme keine Krishna-Liebe wahr. Ich sehe nur dich!“

K.C. schwieg eine Weile und dann führte er aus,“ Du bist die Erfüllung meiner Liebe, aber ich bin nun ein Mönch und habe nichts mehr, was ich verschenken kann. Bitte nimm meine Holzpantoffeln. Bei ihrem Anblick wirst du die metaphysische Erhabenheit erreichen, um die Manifestation der Magnifizenz von Sri Krishna erfahren und erleben zu können,“

Vishnupriya nahm den Pantoffel, küsste diesen und drückte ihn vor die Brust!

Die  gerührten Menschen schrien:   „Haribol ….Harbol!“

Es war Vishnupriyas  letzte Begegnung mit K.C. Sie war erst neunundzwanzig !

                                          (vide: Chaitanya-Charitamrita  48/257)

K.C. setzte seine Reise nach Brindabon fort. Unterwegs weihte er zwei Minister des Landes und zwar zwei Brüder namens Dabir Khas und Shakar Mullick in den Vaishnabismus. Die Brüder sind später als Sanatan und Ruup zu großer Ehre und Bekanntheit gelangt.

Während der Reise stellte K.C. zunehmend fest, dass die Zahl seiner  Begleiter ein ungeheures Ausmaß angenommen hatte. Er wollte aber unbemerkt Brindabon erreichen und dort in stiller Andacht verharren. Da dieser sehnliche Wunsch nicht mehr zu erfüllen war, beschloss er,  umgehend nach Nilachal zurückzukehren und anschließend ganz alleine noch einmal Richtung Brindabon aufzubrechen.  Obwohl er inzwischen zirka zwei Monate zu Fuß unterwegs war und schon etwa die Hälfte der Wegstrecke hinter sich hatte, nahm er wieder den gleichen Weg. Allmählich erreichte er Shantipur via Agra. Er übernachtete im Hause von Sri Advayta, und überlegte, ein paar Tage dort zu bleiben und für immer von seiner Mutter Satchimata Abschied zu nehmen. Als Satchimata davon Kenntnis bekam, kam sie nach Shantipur in Begleitung von Gangadas, Murari und weiteren Gläubigen aus Nabadwip. Beim Anblick seiner Mutter fiel ihr K.C. sofort zu Füßen, dann stand er auf, umrundete seine Mutter und rezitierte die Aphorismen, in denen die Mutter als göttliche Entität angepriesen wird! Satchimata lächelte, ging ins Haus und übernahm als Hauptverantwortliche die Erstellung und sogar auch die Zubereitung der Speisefolge für K.C.. K.C.s Lieblingsspeise war grünes Gemüse. Deshalb servierte Satchimata zirka zwanzig Variationen von Gemüsegerichten. Nityananda und K.C. aßen zusammen, dabei erzählte Satchimata aus dem Familienalltag. Anlässlich der Gedächtnisfeier von Madhabendra Puri, dem Gurudev von Sri Advayta, blieb K.C. noch einige Tage. Dann nahm er unterwürfig den Abschiedssegen seiner Mutter Satchimata entgegen – für immer. Seine nächste Station war Kumarhatta. Dort stieg er in einem Haus von Sribash ab. Danach besuchte er seine Tante und ihren Ehemann Chandrashekhar. Dann folgte Panihati, Barahanagar, schließlich erreichte er Nilachal. Dort angekommen, wurde er von seiner Gemeinde gebührend empfangen. Gadadhar war auch dort . K.C. umarmte ihn und sagte etwas enttäuscht, „Mein Versuch, nach Brindabon zu reisen, ist wieder gescheitert. Die ungeheure Masse von Menschen war für mich absolut nicht zweckdienlich. Da erwiderte Gadadhar: „Herr, dein Brindabon-Besuch dient doch lediglich dem Zweck, die Menschen in Sri Krishna-Liebe zu begeistern. Wo du bist, ist immer Brindabon. Wenn du absolut dort hin willst, dann gibt es doch kein Problem. In den kommenden vier Monaten ist  Monsunzeit, danach, im Frühling, kannst du ohne Weiteres die Reise antreten“. Alle Anwesenden stimmten diesem Vorschlag zu und voller Freude umarmte K.C. Gadadhar erneut.

In den nächsten Monaten hatte K.C. nur noch einen Gedanken,  — Brindabon –wann kann ich Brindabon erleben, im Jamuna-Fluß baden! Ob Swarup, Ram Ray oder jemand anderen– jeden fragte er, mit klagender, verängstigter Stimme, wann seine Sehnsucht ihre Erfüllung finden würde!

Mittlerweile war ein Gläubiger aus der Brahmana-Kaste namens Balabhadra Bhattacharya im Rahmen seiner Pilgerreise zusammen mit seinem Diener nach Nilachal gekommen. Die Gemeinde wählte ihn als geeigneten Begleiter für K.C. für seine erneute Reise nach Brindabon. Der Tag für den Antritt seiner Reise wurde ebenfalls  festgelegt, und zwar der zehnte Tag (bengl. Dashami) des Durga-Puja-Festivals. Um die Menschenansammlung zu vermeiden, blieb der Termin geheim!. K.C. verließ zusammen mit Balabhadra und dem Diener Nilachal sehr früh morgens. Diesmal ließ K.C. die Hauptstadt rechts liegen und wählte den Weg durch das geschlossene, riesige Waldgebiet von Jharkhand. Dieser Wald war und ist noch die Heimat von unzähligen Tieren. Damals vermieden die Menschen dieses Gebiet aus Angst. K.C. lief  jedoch begleitet von zwei Personen fröhlich voran, Krishna-Lieder auf den Lippen. Hin und wieder trafen sie auf  kleinere Dörfer und er veränderte die Menschen durch seine bloße Präsenz. Unterwegs sagte er ab und zu  Balabhadra, dass Sri Krishna voller Gnade sei. Deshalb lasse er sie diese wunderbare und vielfältige Schönheit des Waldes genießen!

Der Weg endete in Benares und K.C. erreichte  den berühmten Badestrand Manikarnika. Die nächste Station war Prayag am Jamuna-Fluss. Obwohl das Wasser am Frühlingsanfang recht kalt war, zögerte  K.C, keine Sekunde und sprang hinein. Da er jedoch nicht zurückkam, folgte auch Balabhadra unwillig ins Wasser, um K.C. zu bewegen, ans Ufer zurückzuschwimmen. In Benares verweilten sie drei Tage. Anschließend trafen sie endlich im heiß ersehnten Mathura ein. In den zirka sechs vergangenen Jahren hatte K.C. praktisch jeden Tag gebetet, geweint, gefleht, nach Sri Bindabon zu kommen. Das erste Mal hatte man ihn unter einem Vorwand nach Nilachal geführt. Beim zweiten Mal war er etwa vier Monate lang in dieser Richtung unterwegs gewesen, aber wegen ungünstiger Umstände hatte er das Vorhaben abbrechen müssen. Und nun war er endlich dort, in der  geistigen Heimat seines Herzens. Als er hörte, dass er die Erde von Brindabon betreten hatte, war er außer sich, fing an zu laufen und sprang in den Jamuna-Fluss. Ans Land zurückgekehrt, sah er eine Menge Menschen, aber einer darunter tanzte und sang „Sri-Krishna-Prem“ Lieder voller Hingabe. K.C. nahm seine Hände und begann gemeinsam mit ihm zu tanzen. Es war etwa 14.00 Uhr und dieser Fremde nahm K.C. mit in sein Haus. Dort angekommen und etwas ausgeruht fragte  K.C.,“Wer bist du? Wie hast du diese hingebungsvolle Liebe an Sri Krishna erlangt?“ Der Fremde antwortete, dass er der Jünger von Sri Madhabendra Puri sei und Krishna Das heiße. Anschließend erfolgte die Speisung.

Am folgenden Tag besichtigte K.C. in Begleitung von Krishna Das die Heiligtümer von Sri Brindabon. Unterwegs umarmte er die Bäume, küsste die Blätter. Die exotisch duftenden Blumen umhüllten seine Sinne, ihre Farbenpracht berauschte sein Gemüt. Er suchte nach den mythologisch-sakralen Relikten, aber sie waren bereits von den Muslim-Terroristen zerstört worden! K.C. tanzte und tanzte, als ob er die in den Radha-Krishna-Mythen beschriebenen Plätze schon leibhaftig erkennen und erleben würde! Er weinte vor Freude und tanzte im Rhythmus eines geistigen Erdbebens. Die geheimnisvolle Anatomie seines Denkens und die Vielfältigkeit seines emotionalen Spektrums sind in vielfach zitierten Büchern sehr ausführlich dargelegt!

Während K.C. die Assonanz seiner Seele auf der Straße von Brindabon in eine harmonische Symphonie umzusetzen bestrebt war, begegnete ihm ein junger Mann, der ihm schreiend zu Füßen fiel. K.C. lächelte, und hob ihn hoch und sagte,“ Du bist Krishna Dash!“ Das stimmte. Als junger Bub hatte er sein Elternhaus in Punjab verlassen und war nach Sri Brindabon gekommen, seinem inneren Verlangen folgend. Danach wartete er Jahre, um einmal K.C. begegnen zu können. Nun bekam er von K.C. den Auftrag, die Sri-Krishna-Liebe im Westen des Landes zu verbreiten. Als er seine Unfähigkeit erwähnte , eine solche Verantwortung zu übernehmen und dem Auftrag  gerecht zu werden,  zog  K.C. seine Korallenkette ab, übergab sie an  Krishna Dash und erwiderte: „Zieh die an und du bekommst das Charisma und die Überzeugungskraft“. Tatsächlich war Krishna Dash in seiner Missionstätigkeit sehr erfolgreich in Malabar, Gujarat, Sind und anderen Orten und wurde bekannt unter dem Namen Krishna Dash  Gunjamali.

                                       ( vide: Bhaktamal  Vers-Kollektion  323 ff )

In Brindabon  wurde  K.C. schier überwältigt von den Wellenschlägen seiner Gefühle, tanzte und sang und immer wieder fiel  in Ohnmacht. Tausende von Menschen wie in der Trance „Krishnabol“ singend versammelten sich um K.C.s  Bretterbude und der seiner Gefährten. Manchmal  sprang er unvermittelt in die Fluten des Jamuna-Flusses und kam nicht ans Ufer zurück. Aufgrund der Menschenansammlungen, des Lärms und K.Cs unberechenbaren Verhaltensweisen, schlug ihm Bhattacharya eines Tages vor, die Sri-Brindabon Reise nun zu beenden und Richtung Nilachal aufzubrechen. Mit tränendem Herzen stimmte K.C. dem Vorschlag zu und bereits am nächten Tag begann die Rückreise, zunächst in Richtung Osten nach Proyag. Um der Menschenmasse zu entkommen, hielten sie auch die Rückreise geheim. K.C. wurde begleitet von Bhattacharya, seinem Diener, Krishna Dash und einem weiteren Verehrer aus dem Norden. Sri Ruup und sein Neffe Anupam waren nach Proyag gekommen, um K.C. dort zu treffen, und bekamen den Auftrag, die „Sri Krishna-Liebe“ in Brindabon zu vermitteln, zu verbreiten und zu etablieren. Um die beiden entsprechend zu qualifizieren, blieb er noch weitere zehn Tage in Proyag. Danach traf er in Benares ein, um der Einladung von Chandrashekhar Folge zu leisten. Hier tauchte Sanatan, der Bruder von Sri Ruup ganz unvermittelt auf, denn er war wegen Befehlsverweigerung gegenüber dem  Sultan ins Gefängnis geworfen worden, hatte sich jedoch durch Bestechung freikaufen können. K.C. übertrug ihm ebenfalls, die „Vishnu-Lehre“ in Sri- Brindabon zu verankern, zusammen mit seinem Brüder Sri Ruup, und er bekam  zirka zwei Monate lang eine Unterweisung!

                                     (vide: Chaitanya-Charitamrita 56/185)

          Begegnung mit Prakashananda Saraswati ,

               dem Leuchtturm im Ynana – Marga

Damals war Nabadwip  der berühmteste Ort für die Forschung, Lehre und Ausübung  der Naya-Philosophie, der Anmahnung der ethischen  und moralischen Grundprinzipien sowie Puranas (primordiale  mythologische Konzepte), und die Leitung oblag Sri Basudev Sharbabhouma. Benares dagegen war die renommierteste Stadt für die Lehre, Ausübung und  Verbreitung der Advayta- Vedanta- Interpretation gemäß der Exegetik und Hermeneutik, dargelegt von Adi Shankarcharya. Die Leitung hatte der große Gelehrte Sri Prakasananda Saraswati. Er hatte dort nicht weniger als zehntausend Schüler und genoss hohes Ansehen in Pan-Indien. Das heißt also, Nabadwip war der Ort des Vaishnabismus, d.h. des Bhakti-Yoga (Weg der Hingabe an Sri Krishna), wohingegen Benares die Pilgerstätte für Jnana-Yoga (Weg der Erkenntnis ) war! Die Besonderheit von Jnana-Yoga  habe ich bereits im Wesentlichen in „Leben und Lehre von Adi Shankaracharya dargelegt!

Prakasananda war der Meinung, wie auch Adi Shankaracharya, dass  Bhakti-Marga etwas Unseriöses, Feminines, ein weinendes hüpfendes, singendes Stück Folklore sei, ohne Anspruch auf  Erkenntnis des Selbst. Seine Meinung über K.C. war sehr abfällig. In seinen Augen war K.C. ein stupider Mönch, der seine eigene Religion nicht kannte. Deshalb verbringe er die Zeit mit Erheiterung, statt die Vedanta-Philosophie zu lesen, zu verstehen und zu beherzigen. Er sei ein Durchtriebener, der die einfachen  Menschen mit Suggestion und durchstrukturierter Präsenz manipuliert! Der geschätzte Gelehrte Vasudev Sharbabhouma in Nilachal habe ihn sogar als Inkarnation von Sri Krishna identifiziert. Solche Basar-Tricks sollte er hier in Benares nicht praktizieren können. Als K.C. über Benares nach Sri Brindabon reiste, äußerte Prakashananda, K.C. solle sich bei ihm nicht blicken lassen, also seine Einschätzung seiner Person sei doch die Wahrheit!

Aber K.C. kam wieder nach Benares und wie überall strömten auch hier die Menschen zu ihm und belagerten seinen Aufenthaltsort.

Zur dieser Zeit lebte ein angesehener Brahmana aus dem Staat Maharashtra in Benares. Obwohl er ein Verehrer von Prakashanada war, hatte ihn der erste Anblick und die Stimme von K.C. sofort in die Sri Krishna-Liebe gespült. Er wollte unbedingt, dass auch Prakashananda einmal  K.C. kennenlernte! Deshalb arrangierte er, nach entsprechender Konsultation von K.C.s Begleitern, ein Treffen, an dem er zehntausend „Brahmabadi“-Mönche und auch Prakashananda, als Vorstand teilnehmen sollte. K.C. stimmte seiner Anwesenheit  zu! 

Mit langsamen Schritten, begleitet von vier engsten Verehrern, näherte sich  K.C. dem mit einem riesigen Baldachin überspannten Lager, wo  die „Vedantin-Mönche“ Platz genommen hatten. Krishna Chaitanya, ein groß gewachsener junger Mann von etwa 31 Jahren, mit einer Haut wie Gold, mit leuchtendem anmutigen Gesicht voller Grazie und Güte, die lang gezogenen strahlenden  Augen voller Demut, bewirkte nicht nur eine Faszination, sondern löste eine Woge spiritueller Gefühle unter den Anwesenden aus. Er hob sein Gesicht und verbeugte sich vor den Mönchen. Dann reinigte er seine Füße und nahm Platz daneben. Prakashananda Saraswati, der den Vorsitz hatte, vergaß beim Anblick von K.C. seine geringschätzige, diffamierende Hasstirade! Sofort stand er auf, mit ihm auch sämtliche Mönche, und er holte K.C. am Eingang ab und platzierte ihn in der Mitte des Raumes.

Innerlich aufgewühlt und emotional tief bewegt richtete er sein Wort an K.C.: „Verehrter, Ihr göttliches Charisma hat uns in zwingender Überzeugung nahegelegt, dass Sie eine Entität von Gott Narayana sind, aber meine Frage an Sie, die Hauptaufgabe von Mönchen, die Meditation der Vedanta-Sutren, ignorieren Sie vollkommen. Außerdem praktizieren Sie regelmäßig, was Mönchen verboten ist, wie zum Beispiel das Singen, Tanzen, Trommeln, Spielen, Sich-zu-Boden-werfen. Bitte verraten Sie uns, auf Grundlage welchen Sakraments   veranstalten Sie solche bildstarken und lärmenden Vorführungen?“

K.C. senkte seinen  Kopf und erwiderte: „Verehrter, ich werde Ihnen das Wesentliche vortragen. Als ich meinen Gurudev (geistiger Lehrer) aufsuchte, sagte er zu mir, du bist Ignorant, Vedanta-Exegetik ist nichts für dich. Aber sei nicht traurig, ich werde dir etwas Besonders  schenken. Dann teilte er mir die folgenden beiden ganz einfachen Zeilen mit und empfahl mir, diese Verse auswendig zu lernen, zu beherzigen und auch  zu verbreiten:

  “ Harernamoiba Harernamoiba Harernamoiba Kebalam,

     Kalou, Nasthehba Nasthehba Nasthehba Gatirannatha. „

Also:

 In dieser Kali-Yuga, gibt es keinerlei Weg, außer die hingebungsvolle  Wiederholung von Harinam.

Anschließend erläuterte er ausführlich die Auslegung dieser Zeilen im Kontext der vedantischen Apokryphen. Sowohl Prakashananda als auch seine Mönchsgemeinde waren sehr beeindruckt von K.C.s tiefen Kenntnissen und über die unerschütterliche Gewissheit seiner stimmigen Erklärung!

K.C. fuhr fort,“Die Anweisung von Gurudev folgend habe ich zuerst meinen Geist stabilisiert und dann voller Inbrunst unentwegt „Sri- Krishnanam“ rezitiert. Dies bewirkte eine spürbare Änderung meiner Sinne und meiner Natur. Unvermittelt begann ich zu lachen, zu weinen, zu tanzen und zu singen. Die Außenwelt entfernte sich von meinen Augen. Ich dachte, ich wäre wahnsinnig geworden, so wie es auch meine Nachbarn und meine Mutter dachten. Deshalb suchte ich erneut Gurudev auf, und schilderte die Situation. Da lachte er und sagte tröstend, dass ich nicht irrsinnig sei, sondern ein Empfänger der Segen bringenden Serenade göttlicher Gnade (bengl.Shiddha-Purush). Dann rezitierte K.C. einige Verse von Srimad Vagabatam.“

 „…Ebambratah Swapriyanamakirtha Yatanurago…..“

Also:

In dieser Weise, wer in der Liebe gelösten  Herzens, sein geliebtes Sri-Krishnanam murmelt, singt, lacht und tanzt, der bekommt Abstand von „Samsara“, um die Menschen zu begeistern, leiten und zu schützen.

 und

  „…Tatkathamritapathodhou Biharantomahamudah….“

Also:

Geläuterte Menschen, die ständig im Ozean von Sri Krishna-Nektar verweilen, können ohne Weiteres die Austertät als geringfügig und Unbedeutend betrachten.

Obwohl in Prakashanandas Herzen, die Resonanz der Krishna-Melodie zunehmend stärker wurde, hing er noch immer an den Vedanta-Kommentaren (skt. Vashya) von Adi Shankaracharaya. Deshalb fragte er.“ Herr, Ihre göttliche Ausstrahlung, Erscheinung und  Ihre Ausführungen haben uns sehr bewegt, aber Adi Shankaracharya war doch ein Universalmeister und seine Advayta-Vedanta-Kommentaren  sind  anerkannt und sehr geschätzt, Sie verachten jedoch seine Interpretationen, warum?“

K.C. antwortete mit sanfter Stimme,“ Vedanta bezeugt die göttliche Wahrheit und ist von Fehlern oder Irrtümern ausgeschlossen. Selbstverständlich akzeptiere ich die genuine Bedeutung des Vedanta-Leitfadens (skt. Sutras). Adi Shankaracahrya war mit Sicherheit eine ehrgeizige  und ambitionierte  Persönlichkeit, aber die Vedanta-Exegese, die Sie so verehren, ist eine seinen ganz eigenen Zwecken dienliche Darstellung und impliziert absolut nicht die prägende göttliche Offenbarung. Der Leitgedanke, das Axiom der Divinität ist vollkommen klar und eindeutig. Sie werden schon erkennen, dass die Sutras etwas beschreiben, das sehr einfach nachvollziehbar ist, aber er hat diese allzu komplex und auch falsch interpretiert, um seine ganz eigene Absicht zu stabilisieren. Das heißt, seine Kommentare (skt. Vashyas) sind von ihm Erdachtes und nicht etwas Reales und fern von dem Genuinen!“

Angesichts der zum Teil entsetzten Gesichter führte K.C. weiter aus, „Natürlich ist Adi Shakarachary ein Welt-Meister (skt. Jagat-Guru), aber wer ist noch erhabener als Gott selbst und Advayta-Vedanta gilt  auch als seine Botschaft der göttlichen Gnade. Ich möchte  Ihnen an Beispielen belegen, dass es Shankars Absicht war, seine eigene These als die Wahrheit zu etablieren, daher gründen sich seine Kommentare  auf sein eigenes fantastisches Fundament.“ Im Anschluss begann K.C. damit, ein Sutra nach dem anderen zu erläutern und Shankaras Ausführungen also Vashyas (Kommentere) gegenüberzustellen. Es wurde ganz klar, dass Shankaras Schlagworte wie z.B. „Neti! Neti!“ oder „So` Ham“ oder „Tattam Aussi“ nicht nur vollkommen irrelevant, sondern auch anmaßend waren! Sowohl das asketische Mönchtum als auch die penible Einhaltung stringenter Riten und Rituale, all die Dogmen und Doktrinen sind absolut überflüssig. Worauf es ankommt, ist die schlichte Inbrunst, Liebe und Hingabe! Die bloße Rezitation all der Sutras aus den heiligen Evangelien und eine kärgliche Lebensweise sind sinnlos, so wie ein Samenkorn in der Wüste, wenn der Geist sich nicht  in Sri-Krishna-Liebe wiegt und singt und das Herz nicht im pulstreibenden, transzendentalen Rhythmus schwingt!“

Sowohl Prakashananda als auch seine Mönchsgemeinde erlebten eine spirituelle Neugeburt. Die sehr schlichte, aber tiefgreifende  Neuinterpretation der Vedanta-Sutras stieß einen Prozess der Läuterung an, ja eine dramatische Wendung vom eher atheistischen  Erkenntnisweg zum Monotheismus, der ein liebendes und verzeihendes Gottesbild aufzeigt, das durch Sri Krishna verkörpert wird!  

Diese offenen, aufrichtigen, wegweisenden und prägenden  Expositionen K.C,s  lösten in der gesamten  pluralistischen Gesellschaft  in Benares, insbesondere unter den Gläubigen, die Shankaracharyas These anhingen, eine heilsame und befreiende Unruhe aus, und alle wollten nun das Epizentrum des geistigen Erbebens belagern, dem Repräsentanten des Messias begegnen und seinen Worten lauschen. Deshalb waren K.C. und sein Gefolge, ob bei Tag oder bei Nacht, umgeben von unzähligen begeisterten Menschen. Doch Prakashananda hatte  Schwierigkeiten, seine taumelnden Gefühle gegenüber K.C. zu ordnen und zu verankern. Das spiegelt sich in einem seiner Verse wieder:

„…Sandranandojwal-rashamaya Prempiijushashiddhoh…“

             ( vide: Chaitanya-Chandramrita von P.Saraswati.  Vers. 1 )

Also:

Sein aufrechter Leib ist so golden hell wie eine köstliche Banane, aus seinem mitleidvollen Augenpaar verströmt er tiefleuchtenden Liebesnektar an so viele Menschen, wer ist er eigentlich, und warum hat er meine Seele so eng an seine Füße  gefesselt!“.

In sich versunken, fragte er sich unentwegt, wer es war, der  in seinem streng  geregelten Leben als Mönch, diese freudvolle Melodie erklingen lässt. Es war sicher dieser junge Mönch, diese in Krishna-Liebe geschmolzene Entität. Prakashanandas eigener, authentischer Jnana Marga (Erkenntnisweg) erschien ihm gegenüber diesem Weg der Hingabe, wie ihn K.C. demonstrierte, wie die Ödnis der Wüste Sahara! Zunehmend ging ihm seine bislang so gefestigte Glaubenshaltung verloren. Der in seiner Zeit einzigartige, berühmte Jnana-Yogi Prakashananda  Saraswati warf sich K.C. zu Füßen und empfing die  Initiation in Bhakti-Marga ( Weg der Hingabe). So beseelt in Sri-Krishna-Liebe schreibt er sein hoch anerkanntes,  in Versform verfasstes Werk „Chaitanya-Chandramrita.“ Die Bilder seiner bewegenden  Eindrücke und der Melodie seines Herzens malte er immer wieder mit neuen Farben. Hier einige Beispiele:

 „… Dristah Sprishtah Kirtitah  Samasmrito Ba Durasthai….“

                 ( vide: Chaitanya-Chandramrita.  Vers.  4 )

Also:        

„Dem, der durch seinem  Anblick, seine Umarmung, und seinen  Gesang eine Schönheit  ausstrahlt, die nie Gekanntes blitzartig   offenbart, diesem hochherzigen Menschen, meine Ehre!“

Prakashananda Saraswati stellte zunehmend fest, dass seine Natur, seine Vorlieben, sein Glaube und all sein Wissen nicht mehr existierten. Er war wie verwandelt, ja, er hatte sich vollkommen verändert, denn was er zuvor als abscheulich diffamiert hatte, daran fand er nun Gefallen.

„… Digantu Brhmaham Badanparifullan Jaramatiin…“                       

                                 ( vide: Chaitnya- Chandramrita.   Vers.32 )  

Also:

Die Menschen, die wie Prinzipienreiter , „ich bin Brahma“ (skt. Aham Brahmasmi) rezitieren, nenne ich Narren! Die Menschen, die emsig Riten und Ritualen folgen, nenne ich Narren! Die Menschen, die auf seltsam-gruselige  Art meditieren, nenne ich Narren. Alle die, die ihre Sinne mit Gewalt unterdrückt haben, nenne ich Narren! Denn all diese Geschöpfe haben niemals die Gauranga-Nektar genossen…“

Weitere  Gedanken seiner neuen  Selbsterkenntnis findet man auch in Versen wie den folgenden:

 „…Ashtam Boiragya-kotirbhabatu Samadamkhantimoitradi….“

                               ( vide : Chaitnya-Chandramrita.  Vers.26 )

Also:

Radikale Entsagung — was soll das bringen? Abstand, Abgeschiedenheit, Enthaltsamkeit, Befolgung von Reinheitsgeboten — was soll das wohl  bringen? Die Meditation über das Wesen Göttes und die humane Seele — wo führt sie hin? Von Tugendhaftigkeit und  Einsichten erhellt sind die  Bhaktas (Verehrer) von Sri Chaitanya beglückten Menschen, aber davon besitzt nicht einen winzigen Anteil, ein  auf dem Advayta-Vedanta-Weg des Schankaracharyas eilender Mensch…“

Die geistige Wiedergeburt Prakashananda Saraswatis zeigte sich in unterschiedlichen Ausdrucksformen. Der radikal Orthodoxe Mönch begann Sri Krishna Lieder zu singen und mit freudig erhobenen Händen zu tanzen wie K.C. Das eine Mal suchte er sich selbst zu ergründen, das andere Mal dachte er an die betörende Schönheit und die faszinierende Eigenschaften von K.C. Hier ein Beispiel davon:

   „…Nishtham Prapta Bybahrititatriloukiky boideki ja …“

                                    ( vide: Chaitanya-Chandramrita. Vers.60 )

Also:  

Wer ist dieser besondere  Dieb, der all meine frommen vedischen Rituale, die regulären  Pflichten zur  Erhaltung des Körpers sowie auch meine Scham beim lauten singen, wie etwa beim Bühnenvorführungen, gestohlen hat ?“

Manchmal verlor er sich in seinen Gedanken an K.C. und scheib:

  „…Shoundarje Kamakotih Sakaljanasamhladane Chnadrakoti …“

                                ( vide: Chaitanya-Chandramrita.  Vers . 101 )

Also:

„Dieser, der so schön ist wie zehn Millionen Eros, freudestrahlend wie zehn Millionen Monde, liebevoll wie zehn Millionen Mütter, spendierfreudig wie zehn Millionen „Wünsch-dir-was-Bäume“, Darsteller von zehn Millionen verschiedenartiger ergreifender Liebesszenen, still und Erhaben wie ein Ozean, bezaubernd wie Nektar  — dieser Sri Gaurangadev soll überaus erfolgreich wirken.“

K.C. hielt nur fünf Tage in Benares auf. Innerhalb dieser Zeit gelang es ihm, nicht nur, die Anatomie des Denkens von Prkashananda grundlegend zu ändern, sondern auch, machtvolle Gefühle für Sri Krishna in ihm wachsen zu lassen. Danach übertrug er ihm die Aufgabe, den Vaishnabismus in Sri Brindabon zu verbreiten, und gab ihm den Namen „Probodhananda“.

K.C. machte sich auf die Rückreise nach Nilachal. Mittlerweile waren  seit seiner Initiation zum Mönch schon sechs  Jahre vergangen. Er war nun dreißig Jahre alt. Die nun folgenden achtzehn Jahre verbrachte er ununterbrochen in Nilachal.

Wir haben bereits von  Haridas erfahren, der zuerst ein Muslim war und später die Sri Krishna – Liebe erfuhr. Er kam nach Nilachal und aufgrund seiner Kastenlosigkeit lebte er zusammen mit  K.C. im gleichen Wohnkomplex, jedoch in einer separaten Unterkunft. Das hatte  K.C. so  arrangiert. K.C. besuchte ihn jeden  Tag, nach dem Baden und Govinda brachte ihm das Essen vom  Tempel mit. Einige Zeit später traf Srirup ein. Da er als Minister den Islam als Glauben annehmen musste, aber später jedoch zum Glauben an Sri Krishna  fand, war er ebenfalls kastenlos und lebte mit Harida  im gleichen Haus .

Srirup blieb im Nilachal und erhielt zehn Monate lang eine Unterweisung in das Sri Krishna-Mysterium und die essentiellen Schritte für die Verbreitung dieser Glaubensrichtung. Er wurde nach Brindabon geschickt. Dort angekommen, sollte er auch Sanatan bitten, ebenfalls nach Nilachal zu kommen. Aber er verpasste ihn. Sanatan war schon auf dem Weg nach Nilachal. In Jharkhand unterwegs, infizierte er sich mit Lepra. Die Krankheit wurde virulent und die Menschen hielten zu ihm Abstand. Aber Sanatan dachte nur eins, an die Freude, K.C. zu begegnen. Schließlich erreichte er Nilachal. K.C. kam ihm mit offenen Armen entgegen und wollte ihn umarmen. Aber er wich zurück. K.C. war jedoch schneller, er umarmte den Schwerkranken mit seinem vom Sekret des Aussatzes bedeckten Körper. K.C. sagte: „Sanatan, du wirst nun in dem Haus von Haridas leben und in Sri Krishnanam und  den Gedanken an ihn verharren. Sri Krishna wird dir seine Gnade erweisen.“

Als Sanatan in Nilachal angekommen war, war ea  April (bengl. Boishakh)  gewesen. Die Tage vergingen und Sanatan lernte täglich von K.C. das Geheimnis der Liebe zu Sri Krishna, denn K.C. hatte bereits angekündigt, dass Sanatan  demnächst  nach  Brindabon zurückkehren und dort  zusammen  mit Srirup, Prakashananda  und anderen  den  Vaishnabismus   predigen  werde. Aber Sanatan war im Zweifel, denn  wie sollte er als Leprakranker, die Menschen nähren,  geschweige  denn für die Sri-Krishna-Liebe   begeistern!

Sanatan dürfte nicht zum Tempel gehen, weil er sichtbar krank und auch kastenlos war! Aber K.C. kam jeden Tag und umarmte ihn und Haridas und Gadadhar versorgte ihn mit Nahrung. K.C.s Verhalten missfiel Sanatan, weil er befürchtete, K.C. könne sich infizieren, und weil er dachte, die Krankheit sei die Strafe für seinen ausschweifenden Lebenswandel. Deshalb nahm er sich vor, Selbstmord zu begehen. K.C. wusste seinem Entschluss. Deshalb sprach er ihn an und sagte: „Sanatan, ich möchte dir was sagen. Wenn ein Selbstmord erforderlich wäre, um Sri Krishna zu empfangen, würde ich sofort millionenfach sterben. Eine Religion, die Selbstmord als Weg predigt, ist kriminell. Wer sich tötet, um die Liebe Sri Krishnas zu erzwingen, handelt als Egoist. Hab´ Zuversicht, Sri Krishna ist weder hart noch grausam, sondern die Liebe in Vollkommenheit! Natürlich gibt es Verehrer, die am liebsten ihr Leben beenden würden, weil sich Sri Krishna ihnen nicht zeigt, aber dabei handelt es sich ausschließlich um einen Trennungsschmerz. Solche „Bhakta“ ist sehr selten. In einer solchen dramatischen Situation wird  Sri Krishna mit Sicherheit als Person erscheinen! Nimm Abstand von deinen schlimmen Gedanken, sing und rezitiere, suche Zuflucht bei Sri Krishna, du wirst sicherlich seinen  Segen empfangen!“.

K.C. beschrieb ganz unvermittelt die Entwicklung, Stellung und die Erhabenheit von Sanatan, dabei vergaß er nicht zu erwähnen, dass er für ihn, trotz seines kranken Körpers, ein begnadeter Mensch war, immer bleiben würde, dem er selbst die Ehre erweisen würde!“. Haridas, der bei diesem Gespräch anwesend war, nahm all seinen Mut zusammen und fragte, „Herr, vor geraumer Zeit hast du den unbekannten Vasudev von der gefährlichen Lepra geheilt, warum lässt du dieses Mysterium jetzt sich nicht wiederholen?“  K.C.s Antwort  lautete, „Sri Krishna wollte mich nur prüfen, ob ich seinen ergebenen Verehrer wegen dieser schweren Krankheit umarme oder wegstoße. Sanatan, für deine intensive Qualifizierung bleibst du hier dieses Jahr. Danach werde ich dich nach Brindabon delegieren,  damit du deine Mission erfüllen kannst.“ Anschließend umarmte er Sanatan und  blitzartig verschwand die abscheuliche Krankheit aus seinem Köper und sein Leib schimmerte in goldenen Licht der untergehende Sonne.

                                        ( vide: Karcha von Govinda Das   195ff )

Als die Zeit gekommen war, verließ Sanatan Nilachal in Richtung Sri Brindabon. Er nahm den gleichen Weg wie damals K.C. und die Beschreibung der Strecke bekam er von Balabhadra, dem damaligen  Begleiter von K.C. Bei der Verabschiedung hatte K.C. Tränen in den Augen, aber als er eine kostspielige Wolldecke auf Sanatans Schultern  entdeckte, bat er ihn, vor Antritt der Reise die Wolldecke zu verschenken!

Sanatan erreichte Brindabon und traf  sich dort mit Srirup. Wie beschrieben, existierte seinerzeit diese so renommierte Pilgerstätte nur dem Namen nach. Wegen des Muslim-Terrors waren die Menschen geflüchtet, praktisch alle Tempelanlagen und heiligen Stätten waren zerstört, tropischer Dschungel hatte sich ausgebreitet und somit auch zahlreiche wilde Tiere. Der Wiederaufbau der Stadt und einer tragfähigen Gesellschaft, ihre kulturelle Wiedererstehung und nicht zuletzt auch ihre spirituelle Erneuerung war der Auftrag, den Krishna Chaitanya erteilt hatte, und diese „Lebensaufgabe“ lastete primär auf den Schultern von zwei Bettelmönchen, die nachts unter einem Baum schliefen!

Aber, die beiden waren beseelt von ihrer unerschütterlichen Überzeugung von K.C.s beständiger Gegenwart. Es kamen immer mehr Menschen nach Brindabon, voller Neugierde, Ehrgeiz und Tatkraft. Sie wurden mehr und mehr. Zum Teil verfügten sie über große Vermögen. Die Wälder wurden zurückgedrängt, die Infrastruktur wurde erneuert, die Häuser nahmen wieder Gestalt an und natürlich wurden auch die Tempel wieder aufgebaut. Zum Beispiel, die bekannten  Tempelanlagen von Govindadeva, Madanmohana und andere. Alleine die Rekonstruktion  der Govindadeva-Tempelanlage kostete Millionen. Aber sowohl Srirup wie auch Sanatan führten weiterhin ein asketisches Leben. Das ist wohl erstaunlich, denn die beiden waren einst als Staatsminister recht vermögend und hatten ein Leben in Luxus geführt. Aber wir erinnern uns, vor der Verabschiedung aus Nilachal musste sich Sanatan, nun Bettelmönch, sogar von seiner Wolldecke trennen! Trotzdem waren sie bei der Erfüllung ihrer Mission mehr als erfolgreich. Wie war das möglich? Sogar der damalige Mogul Sultan Akhbar besuchte Sri Brindabon und war von der Architektur sowie von der heiligen Atmosphäre, die dort herrschte, so berührt, dass er eine ansehnliche Summe investieren wollte. Aber Sanatan sagte milde,“Herr, wir sind Diener von Sri Krishna, Mangel an Geld ist uns unbekannt!“

                    “ vide : Charitamrita von  Krishnadas Goswami  215ff. )

Der Seitenblick

Damodar und Shankar waren zwei von fünf Brüdern. Alle waren Stoiker. Aber diese zwei Brüder waren etwas ganz Besonderes, und sie lebten in der Gemeinschaft mit K.C. Es heißt, in der letzten Phase von K.C.s Leben habe Shankar öfters K.C.s Füße auf seine Brust gelegt und so geschlafen! Damodar war einer von K.C.s Favoriten und bei unangenehmen  Wahrheiten nahm er kein Blatt vor den Mund. Er war der eigentliche Verfasser von Murari Guptas Karcha — Murari war hauptsächlich Erzähler und der das Tagebuch zitierte und es  in Versform wiedergab. Seit einiger Zeit beobachtete er, wie ein kleiner Junge, begleitet von seiner Mutter, K.C. besuchte, um mit ihm zu spielen. Der Junge war vaterlos und die Mutter war jung und hübsch. K.C.s freundlicher Umgang begeisterte den Jungen und er wurde anhänglich. Diese Entwicklung gefiel Damodar absolut nicht. Deshalb nahm er all seinen Mut zusammen und sprach eines Tages ganz forsch K.C. an: „Herr, bis jetzt haben alle deine Erhabenheit geschätzt und sehr respektiert!“

K.C. fragte  schmunzelnd, „Oh Damodar, bist du etwa schlecht gelaunt? Was ist denn mein Fehler ?“

Damodar: „Herr, du bist  indifferent, göttlich, offen, sprichst keine Verbote aus und forderst keine Einschränkungen und du bist wie ein Freund zu diesem  Jungen. Aber er hat eine junge, hübsche, alleinstehende  Mutter, und du bist ebenfalls ein gut aussehender Mann im besten Alter — also was sollen die unbeteiligten  und kurzsichtigen Menschen hier wohl sagen — welche Gerüchte werden sie jetzt verbreiten?“

K.C. dachte kurz nach, sah sein Fehlverhalten ein und senkte seinen Kopf!

Einige Zeit später sagte er zu Damodar: „So eine unbefangene, vorurteilsfreie und ethisch-moralisch integere Person wie dich  gibt es kaum eine zweite. Du bist bestens geeignet, meine Familie in Obhut zu nehmen. Gehe bitte zurück nach Nabadwip, bleib in unserem Haus und tröste meine Familie.“

Es wurde vereinbart, dass  Damodar ab sofort in Nabadwip mit K.C.s Familie leben und jedes Jahr zum „Ratha-Yatra-Festival zusammen mit anderen Verehrern nach Nilachal kommen sollte und anschließend alle gemeinsam wieder nach Nabadwip zurückkehren. Auf diese Weise würden er und seine Familie in regelmäßigem Kontakt bleiben. Wenn  Damodar nach Nilachal kam, brachte er zahlreiche Geschenke mit, vor allem K.C.s Lieblingsspeisen, die ihm Satchimata zubereitet hatte. Auf dem Rückweg bekam er von K.C. gesegnete Esswaren und wertvolle „Saris“ (Wickelkleid für Frauen) als Präsent des Königs für Vishnupriya.

Die Zeit verging. Haridas, erst Moslem, dann ein glühender Verehrer von K.C., wurde älter und körperlich anfällig. Trotzdem murmelte er täglich Sri Krishna-Nam etwa dreihundertmal. Die Gemeindemitglieder sagten, dass K.C. durch ihn, die sublime Exzellenz von „Sri  Krishna-Nam“ verbreitet und verewigt habe. Aber seine höchste Qualitäten waren die Ergebenheit, Bescheidenheit und grenzenlose Demut!

Eines Tages, als Govinda, wie jeden Tag, Haridas die gottweihte Speise brachte, fand er Haridas im Bett liegend vor, flüsterend und Harinam murmelnd. Govinda rief: „Bruder Haridas, bitte steh auf , ich habe dein „Prasadam“ (geweihte Speise) mitgebracht“. Mühevoll erhob sich Haridas und antwortete: „Brüder, ich habe bis jetzt meine Anzahl von „Japa“ (Zitate) nicht vollenden können, soll ich trotzdem etwas zu mir nehmen?“

Am nächsten Tag kam ihn K.C. wie gewohnt nach dem Baden besuchen. Haridas stand mühsam auf verbeugte sich vor K.C.

K.C.: „Haridas, was quält  dich?“

Haridas:  „Herr, ich bin nicht krank, aber  nicht in der  Lage, „Srinam“ vollzählig zu rezitieren“

K.C. : „Du bist schon ein alter Mann, du hast doch genug rezitiert, reduziere einfach die Anzahl auf ein Minimum! Durch dich ist die Glorie von Sri Krishna überall bekannt  geworden und geschätzt. Dein Körper ist heilig,  quäle  ihn  nicht  weiter!“

Haridas: „Herr, lassen wir das Thema. Ich bitte dich um deinen Segen. Ich möchte mich von dieser Welt verabschieden, gib mir deine Zustimmung, bitte!“

K.C.(mit feuchten Augen): „Hardas, was ist das für ein Gedanke, an deiner so angenehme Gesellschaft willst du mich nicht mehr teilhaben lassen, du bist unbarmherzig!“.

Haridas:  „Herr, in solche Worte der Ablenkung möchte ich nicht mehr versticken. Es gibt Millionen, die dir zu Füßen liegen. Bitte gib mir die Freiheit zu gehen! Außerdem, hör zu, meine Kühnheit, ich möchte mich verabschieden, deine  Lotosfüße auf meinem Herzen tragend, in dein Gesicht  wie der Mondschein blickend und  mit deinem Namen  auf meinen Lippen. Sag, Herr, wirst du mir diesen Segen erteilen?“

K.C.,( eine Zeit lang mit betroffenem Gesicht  zu Boden blickend):            „Haridas, was du dir wünscht, wird Sri Krishna mit Sicherheit erfüllen, da gibt es keinen Zweifel, aber ich werde wohl  tiefe Trauer wohl leiden!“

 Dann verließ er das Haus.

Am darauf folgenden Tag, erschien K.C. zusammen mit der Gemeinde in dem Haus von Haridas und fragte, „Haridas, Bruder, wie geht es dir?“.“ Dein  Wille soll geschehen,“ erwiderte Haridas, während er aus dem Haus kroch und draußen sich auf den Beinen zu halten versuchte. Er war zu schwach, deshalb half ihm K.C. Platz zu nehmen und nun saßen alle im Kreis um Haridas herum. Dann fingen sie an zu singen und zu tanzen. Haridas verbeugte sich vor allen Anwesenden und  dann legte er sich hin und sagte mit seltsamer  Stimme, „Herr, du bist voller Gnade! Bitte gib diesen Armen einen Platz dir zu Füßen!“ Dann  schloss er die Augen für immer!.

                                              ( vide: Chaitanya  –  Charitamrita  289ff.)

Das Ableben von Haridas schlug Wellen. An seiner Sterbezeremonie nahmen viele Menschen teil. Das Fest zu seiner Verabschiedung wurde organisiert von Swarup, Baninath (dem Bruder von Ramananda) und Kashi Misra, dem  Direktor des  Sri Jagannath Tempels.

Haridas‘ Tod läutete eine neue Entwicklung im Gemeinschaftsleben mit K.C. ein. Der regelmäßige Austausch über das Verständnis und die Deutung von Radha-Krishna-Sakral-Hermeneutik, das Singen und Tanzen, das gemeinsame Bad im Meer, das gemeinsame Mahl  in der Parkanlage, das gemeinsame Reinigen des Jagannath-Tempels zu bestimmten Anlässen und die kreativen Aktivitäten wie beispielsweise das Verfassen von Tagesprotokollen sowie das Aufzeichnen von Erlebnissen in Versform usw. wurden seltener. Es zeigten sich erste Anzeichen, dass  K.C.s vielfältiges Spektrum, sich auszudrücken, kleiner wurde!

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Seinerzeit als K.C. etwa 18 Jahre alt war, hatte er einmal Bangladesh (heute: West Bengal) besucht und schon damals zahlreiche Menschen für die Sri-Krishna-Liebe begeistert. Darunter war auch ein Ehepaar gewesen, Tapan Misra und seine Frau. K.C. hatte diesem Paar empfohlen, nach Benares umzusiedeln, und angekündigt, dass er sich mit diesem Paar später erneut wieder treffen werde. Sie folgten der Empfehlung und bekamen in Benares einen Sohn, namens Raghunath Bhatta. Erstaunlicherweise war der Junge sehr früh von Sri Krishna-Lila sehr angetan und ging deshalb nach Nilachal, um K.C kennenzulernen. K.C. bereitete ihm nicht nur ein sehr herzliches Willkommen, sondern ihm wurden auch zirka acht Monate lang intensive Einblicke, Erfahrungen und Erkenntnisse über das ewige Geheimnis von Sri Krishnas Mission zuteil. Da seine Eltern noch in Benares lebten, erhielt er von K.C. die Anweisung, nach Benares zurückzukehren, um sich um seine Eltern zu kümmern und erst nach dem Ableben der Eltern wieder nach Nilachal zu kommen und nicht zu heiraten! So geschah es auch, denn nach einiger Zeit starben die Eltern und Raghunath Bhatta kehrte nach Nilachal zurück. Dort blieb er noch einmal zirka acht Monate, in denen er weiterhin gründliches Wissen und tiefe Einsicht in das Geheimnis von „Bhakti-Yoga“ erlangte, vermittelt durch K.C. persönlich. Zu erwähnen sind einige besondere Eigenschaften und Fähigkeiten von Raghunath:  seine betont emotionale Lesart von Sri Krishna – Vagabat, seine herrliche Singstimme und nicht zuletzt seine außerordentliche Kochkunst!

Nach Beendigung seiner Lehrzeit in Nilachal, beauftragte ihn  K.C., nach Brindabon zu gehen, um Ruup und Sanatan zu unterstützen. Mittlerweile waren Ruup und Sanatan  in ein geräumiges Haus mit Versammlungsraum und andere Räumlichkeiten umgezogen. Es gesellten sich noch weitere Gleichgesinnte hinzu wie Gopal Bhatta, Raghunath Das und dann Sri Jib. Die Aufgabenstellung  in Brindabon war zunächst etwa die folgende: Ruup und Sanatan waren damit beschäftigt, ein exklusives und vollständiges Kompendium über Lehre und Philosophie des Vaishnabismus, wie von K.C. vorgegeben, zu schreiben, Raghunath leitete die Propädeutik des Vaishnabismus, außerdem las und sang er jeden Abend „Vagabad-Shastra“ und begeisterte und beeindruckte damit  die Menschen.

Da Buchdruck noch unbekannt war, aber der Bedarf an einschlägiger Literatur über „Sri Krishna-Lila-Rahasya“ ( die Manifestations –Mystik von Sri Krishna) war gewaltig. Die ganze Gruppe benötigte viel Zeit, um die bereits verfassten Bücher abzuschreiben, und zwar millionenfach. Angesichts des Umfangs und großen Komplexität des Inhalts, brauchten sie für ein Buch zirka ein Jahr. Solche Abschriften forderten einen enormen Aufwand, große Beharrlichkeit und Hingabe und nicht zuletzt auch Kreativität !

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All die Jahre, die K.C. in Nilachal lebte, bekam er regelmäßig Besuch aus der Heimat Nabadwip. Der Anlass war natürlich, seine Audienz und Präsenz zu genießen und auch das berühmte „Ratha-Yatra-Festival“ mitzuerleben. Die Reiseplanung und -durchführung, die Bereitstellung der Übernachtungsmöglichkeiten und der Verpflegung  und alles Weitere oblag, wie immer, Sivananda Sen. Etwa sieben bis acht Jahre zuvor hatte K.C. ihm prophezeit, dass er Vater eines Sohnes wird, und dass er den Jungen Paramananda nennen sollte. So war es geschehen und während der jüngsten Reise nach Nilachal wollte er nun K.C. seinen  Sohn vorstellen. Während der Begegnung mit K.C. verbeugte sich der Sohn vor K.C., wie es ihn der Vater geheißen hatte. K.C lächelte und steckte seinen Daumen zwischen die  Lippen  des Jungen und sagte:

  “ ….Batsaswadda Muhuhswyah Rashanaea Prapascha ….“

          ( vide: Chaitanya-Charit von Paramananda Das  45/89)

Also:

“ Lieber Junge,  den Krishna-Nektar, um den die Götter beneiden werden, erst selbst genießen und dann erst den künftigen Verehrern  mitteilen..“

Dann forderte er den Jungen auf  „Krishna — Krishna“ zu sagen. Trotz wiederholter Bitte jedoch blieb der Junge still! K.C. war etwas verlegen, deshalb  bemerkte  der ebenfalls  anwesende Swarup ,“ Herr, er ist zu jung, um so etwas aussprechen zu können.“ K.C. nickte, sagte, „Dann sag´ doch irgendetwas anderes.“ Der Knabe stand auf, faltete seine Hände und sprach:

   „…. Shrabasoh  Kubalayamakkhma  Ranjanmurasho…“

( vide:

Chaitanya-Chandrodaya Drama von  KabI Karnapur    2/125)

Also:

„Der, der die Lotosblüte am Ohr der  Mädchen von Braja (Braja ist ein Ort) ist, der Kajal um Ihre Augen, das Collier aus Blaudiamant auf ihrer Brust, und der bezauberndste Schmuck und Schönheit im unendlichen Universum, diesem Sri Hari (Sri-Krishna) meine Verehrung.“

Sehr beeindruckt lobte K.C., „Junge, du wirst einmal ein angesehener Dichter mit Namen „Kabi Karnapur“. Tatsächlich gilt dieser heute als Verfasser von Klassikern wie Chaitanya-Charitamrita, Brindabonchampu und Chaitanya-Chandrodaya-Drama. Sie gelten  noch heute als Leuchtturm in der Literatur des Vaishnabismus .

Als K.C. im Alter von 48 Jahren die Nachricht über das Ableben von seiner Mutter Satchimata erhielt, war er tagelang sehr traurig.

Jagadananda, unterwegs Richtung Nilachal, besuchte Sri Advayta. Er händigte ihm ein „Tariya“ (arab.: Pro- und Contra in Versform) aus, mit der Bitte um Weitergabe an K.C. In Nilachal angekommen, traf er sich mit K.C. und rezitierte die mitgebrachten Verse von Sri Advayta. Diese sechs Zeilen sind recht mysteriös und bedeuteten etwa:

         „…Sri Advayta verbeugt sich vor dir und sagt:

Du bist gekommen, meinem Ruf folgend, um Menschen von Leiden zu befreien und den künftigen Pfad der Sri Krishna- Liebe zu weisen sowie eine Erneuerung  des Vashnabimus hervorzubringen. Die Aufgabe wird nun mit überragendem Erfolg fortgeführt. Daher könntest du  dich jetzt wohl zurückziehen. „

                                          (vide: Chaitanya- Charitamrita   355ff.)

Als K.C. die Zeilen  hörte, murmelte er etwas und wurde nachdenklich!

Im Alter von 24 Jahren zeigte er sich das erste Mal in göttlicher Manifestation. Danach legte er zum wiederholten Male von seiner Erhabenheit Zeugnis ab. Die anschließenden zwölf  Jahre, also bis zum 36. Lebensjahr reiste er persönlich von Sind bis Kap Komorin (heute: Kanyakumari, der südlichste Punkt des indischen Subkontinents), um unzählige Menschen zur Sri-Krishna-Liebe zu inspirieren und in geeigneten Städten auch einen qualifizierten Verehrer als wegweisende Autorität zu etablieren. Außerdem hatte er inzwischen auch in die anderen Teile des Subkontinents, von ihm persönlich ausgebildete und äußerst kompetente Persönlichkeiten delegiert. Dabei hatte er Sri Brindabon als Zentrum des Vaishnabismus ausgewählt und aufbauen lassen! Sri Advaytas „Tariya“ beeinflusste nun merklich diese von K.C. umfangreich ausgebaute Organisation und seine Koordinationsbestrebungen.