Nabanuraga

Nabanuraga (= Naba+Anuraga) : Naba= neu, Anuraga=Zuneigung

Gemeint ist also eine liebevolle Zuneigung zu Sri Krishna in der primären Phase. Diese Phase schließt den inneren (skt. Antaranga) wie auch den äußere (skt. Bahiranga) Ausdrücke ein.

In dieser Nabanuraga-Phase war Nimai unterwürfig und demütig. Er verbeugt sich vor jedem auf der Straße, hilft Menschen spontan und trägt dessen Last. Auf dem Weg zum Ganges trägt er die Badebekleidung und Utensilien von Betagten. Viele schämen sich und weigern sich, von dem Scholastiker Nimai Hilfe anzunehmen. Dann entgegnet dieser flehend „Ich habe gehört, dass man durch Hilfsbereitschaft als Bhakta (Sri Krishna-Verehrender) Sri Krishnas Gnade empfängt. Deshalb erlauben Sie mir bitte, dass ich befähigt werde, durch diese Dienste die bewegte tiefe Barmherzigkeit Sri Krishnas zu empfangen. Diese Haltung Nimais ist Bahiranga. Während dieser Phase zeigten sich seinem Verhalten jedoch viel mehr Phänomene als in der „Ashta-Svattik-Bhaba“beschrieben sind. Das eine Mal wälzte sich Nimai am Boden, seine Augen tränen als sprudele eine Fontäne, das andere Mal lachte er unaufhörlich, ein anderes Mal ist sein ganzer Körper wie schweißgebadet, ein weiteres Mal ist sein Körper heiß wie Feuer, dann fällt er in Ohnmacht mit schäumenden Lippen, ein anderes Mal ist sein ganzer Körper schwer wie Eisen –er ist unmöglich von mehreren Personen hochzuheben. Ein anderes Mal ist er leicht wie eine Feder und schon ein einziger Mann könnte ihn tragen, ein andermal verändert sich seine Hautfarbe zusehends oder es änderte sich seine Augenfarbe, als Mukunda beginnt Krishna-Lobes-Hymnen zu singen, erscheine auf der Stelle seltsame Symptome auf Nimais Antlitz und Körper.

Eines Tages fing Nimai während des Chorgesangs (skt. Kirtana) an zu tanzen. Aber dieser Tanz war nicht harmonisch, sondern es waren wilde Bewegungen. Man hatte das Gefühl, dass die ganze Welt diese heftige Erschütterung erfährt und miterlebt. Nach kurzer Zeit fiel Nimai in Ohnmacht. Allmählich kam er wieder zu sich. Seitdem wurden seine Tänze rhythmischer und lieblicher. Aber sein emotionaler Status prägte sich zunehmen deutlicher aus.

Hier ein paar Beispiele:

Früh am Morgen begann Mahaprabhu (Nimai) voller Ehrfrücht zu weinen. Der Tag ging zu Ende und der Abend brach herein. Doch er sagte aus voller Überzeugung: Tag fängt an….“

(vide: Chaitanya Charitamrita Abs.5 / Verse.10)

Am Abend fing Nimai an, mit benommener Stimme zu weinen und sagte, es ist sicherlich Morgen, denn ich sehe Licht…“

(vide: Abs.5 / Verse 11)

Sobald Nimai das Wort Krishna oder Hari hörte, fing er sofort an zu zittern, der Atem ging schneller, Tränen flossen unentwegt und er fiel zu Boden wie ein Baum..:“

(vide:Abs.5 / Verse 12)

In Anbetracht von Nimais Zustand zu dieser Zeit wurde Satchimata zunehmend beunruhigter. Nimai antwortete kaum auf ihre Fragen oder er sagte nur allgemein: „Mutter, ich weiß selbst nicht, welche Krankheit ich habe. Mir ist immer zum Weinen zumute. Mutter, lass mich gehen. Ich möchte auf der Suche nach Sri Krishna nach Sri Brindabon reisen.“

Satchimata ist ratlos. Sie ist verzweifelt. Sie ist etwa 67 Jahre alt. Zu ihrer Familie gehörte nur ihr Sohn Nimai und seine junge Frau Vishnuprya. Tag und Nacht versuchte sie Nimai zu einer normalen Lebensführung anzuhalten, die Freude an einem Familienleben als etwas sehr Attraktives darzustellen. Aber Nimai befand sich schon auf einer anderen Ebene. Zum einen quälte seine Mutter der Gedanke, ihn zu verlieren. Zum anderen unterstellten einige schlaue Nachbarn, dass Nimai wahnsinnig sei und verkündeten dies auch. In diesem Zustand der Ratlosigkeit wandte sie sich an einen Verwandten ihres Mannes, an Sribash Pandit.

Sribash hatte bereits von Nimais außergewöhnlicher Liebe zum Krishna gehört. Deshalb nahm er die Einladung von Satchimata mit Freude an.

Also kam er in das Haus von Nimai Pandit und sah, wie dieser mit zwei gefalteten Händen den Tulsi-Baum (Basilikum) umkreiste und dabei unentwegt Tränen vergoss. Sribash selbst war ein bekannter Krishna-Verehrer. Als Nimai ihn sah, wollte er ihm zu Füßen fallen, aber stattdessen fiel er in Ohnmacht. Nach einigen Bemühungen kam er wieder zu sich und rief mit tränenerstickter Stimme: Krishna! Krishna! Sribash staunte über dieses Erlebnis. Dann sagte Nimai, „Pandit freundlicherweise hast du mich besucht. Nun sag mir bitte, was meine Aufgabe ist! Ich bin nicht in der Lage, die Tränen zurück zu halten. Immer wieder falle ich in Ohnmacht. Menschen sagen, dass ich ein unheilbarer Irrer bin. Meine Mutter ist verzweifelt. Ich weiß auch nicht, was ich tun soll. Ich habe keinerlei Kontrolle über meinen Körper und meinen Geist.“

Sribash erwiderte schmunzelnd: „Nimai, etwas von deinem Wahnsinn wünscht sogar der Brahma für sich selbst. Ich bitte dich, gib mir ein wenig von deinem Wahnsinn. Du bist ein Glücksfall. Einen Glückspilz wie dich, gibt es keinen zweiten in dieser Welt. Nur du hast Krishnas Gnade in Vollkommenheit empfangen. Dass Menschen zu einer solch kosmischtiefen Liebe befähigt sein kann, war mir bislang völlig unbekannt!“

Satchimata stand daneben und vernahm alles!

Dann wandte sich Sribash an Satchimata und führte aus, „Sei nicht besorgt über das Gerede einfältiger Menschen. Dein Sohn ist nicht geisteskrank, sondern er ist beseelt in Krishnas Liebe. Ja, er ist ganz außergewöhnlich, gar einmalig. Sei zuversichtlich und du wirst Zeuge von Sri Krishnas Mysterienschau auf dieser Erde.“

Und Satchimata beruhigte sich!

Sribash lud Nimai zu sich nach Hause ein, um gemeinsam „Kirtana“ zu singen.


Seit dem Besuch in Gaya Dham fängt Nimai an,im Wach-Schlaf-Zustand überall Sri Krishnas Gegenwart wahrzunehmen. Das eine Mal spricht er mit ihm in tiefer Freude, das andere Mal aufgewühlt durch den Anblick von Krishnas Schönheit oder auch seiner plötzlichen Abwesenheit weinte er bitterlich.

Nimai isolierte sich innerlich und hatte nur noch einen einzigen Bezugspunkt – Sri Krishna!

Er hörte und sah nichts anderes mehr. Wenn er zu sich kam, zeigte sich dieser Zustand, als wäre es ein Traumbild gewesen, unklar und verschwommen.

Er schämte sich und sagte zu Satchimata: „Mutter Entschuldigung, falls ich etwas Unsinniges gesagt oder getan habe, ich war nicht bei mir.“

Tag für Tag versammelten sich hunderte von Menschen auf dem Gelände des Hauses von Sribash und tanzten händeklatschend im Rhythmus von bengl.„ Khol“ ( ein Perkussions Instrument ähnlich dem TomTom), „bengl. Mandira“ (ähnlich einem Zymbal) „bengl. Mridanga“ (Perkussions Instrument ähnlich einem Schlagzeug) und sangen „Hari Haraeh namaha“ oder einfach „Haribol“, angefeuert durch die betörende Stimme von Nimai. Alle Herzen waren in Bewegung ausgerichtet auf Sri Krishna. Auch die Frauen tanzten voller Hingabe und Enthusiasmus in Haus und Hof. Manche Bhakta weinten in ihrem Gefühlsüberschwang, einige fielen zu Boden, anderen umarmten sich gegenseitig. Allmählich brach der Tag an. Die Sonne ging auf. Dann, noch immer in Krishna Liebe erhoben, gingen sie alle zum Ganges um zu baden.