Prolog

  1. Einleitung
  2. Klassifizierung
  3. Verbindliche Fragen des Aspiranten an sich selbst!
  4. Die absoluten Grundvoraussetzungen

 

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    1. Einleitung
      Obwohl jeder Mensch einzigartig und einmalig in seinem spezifischen Bewusstseinszustand ist, gibt es doch einige lang erprobte, empirische Wegbeschreibungen, Margas genannt, die mit Sicherheit zum ersehnten Ziel führen können.

 

 

        1. Klassifizierung
          Die klassischen Yoga-Margas sind vier an der Zahl. Sie sind: Raja-Yoga (der Königsweg), Karma-Yoga (der Weg der Tat), Jnana-Yoga (der Erkenntnisweg) und Bhakti-Yoga (der Weg der hingebenden Liebe).

 

 

        1. Verbindliche Fragen des Aspiranten an sich selbst!
          Zuerst muss der Aspirant sich ernsthaft folgende Fragen stellen und die Antworten kritisch und ernsthaft bewerten:

Selbst-Überprüfung, d. h. warum will ich?

Qualität des Wunschbildes, d. h. brennenden Herzens?

Beweggründe, d. h. Lebenskrise, Überdruss, inneres Verlangen?

Eiserner Wille, d. h. Akzeptanz und Integration äußerst schwieriger Lebensumstände mit Gelassenheit, Gleichmut und Beharrlichkeit?

 

 

        1. Die absoluten Grundvoraussetzungen
          Unabhängig davon, welche Yoga-Marga man auch wählt, muss man zuerst die achtgliedrigen unabdingbaren Kriterien, basierend auf Patanjalis Yoga-Sutra, erfüllen: Vorab aber zu Patanjalis Aphorismen Nr. 1/2: „Yogas citta-vritti-nirodhah“, also Prävention von citta-vritti. Aber was bedeutet das?

Der Sanskrit-Begriff citta-vritti bezeichnet die Fakultät des Geistes, d. h. die Wünsche und Neigungen des Geistes. Citta kann sich in fünf Arten darstellen:

        • Khiptah: Zerstreutheit, Verwirrtheit (Verwirrung)
        • Muurah: Verblendetheit (Verblendetsein), Vernarrtheit
        • Zustand des Konfusen (Konfusion)
        • Ekagrah: Konzentrationsfähigkeit
        • Niruddha: Einschränkung des Geistes gegenüber Wünschen und Verlangen, das ist der erste Schritt!

Tatharka rashnisamyogadarkakanto hutashanam, Abishroti naykah san dristantah sa tu Yoginam“

Also: Wie die durch ein Brennglas konzentrierten Sonnenstrahlen Gegenstände entflammen können, so kann auch die geistige Konzentration durch die Yoga-Übungen die Selbstbegegnung ermöglichen.

 

Und nun zu Patanjalis Ashtanga-Yoga, oder der achtgliedrige Yoga

1. Glied: Yama: Integration von sittlichen und moralischen Eigenschaften im Leben.

Das bedeutet im Einzelnen:

Ahimsa = keinem Lebewesen mental, körperlich oder verbal Schaden zufügen!

Karmana manasa bacha sarbabhutesu sarbada, Akleshajananam proktamahimsatvena Yogivih

Satya = konstantes Einhalten von Versprechungen und Pflege der Wahrheit.

Mundaka Upanishad sagt:

Satyena lavyasthapasa heysha atma,

Satyameba jayate nanritam.

Also: Die Wahrheit ist dharma, die Wahrheit ist die Askese, die Wahrheit ist die Verwirklichung und der Befreiungsweg.

Asteya = Rechtschaffenheit,

Karmana manasa bacha paradrabeshu Nihspriha.

Also: Nicht stehlen und nicht verlangen, weder mental noch verbal.

Brahmacharya = radikale sinnliche Enthaltsamkeit.

Aparigraha = keinerlei Annahme von Geschenken. Dieser Ausdruck enthält zwei wichtige Aspekte Selbständigkeit zum Zwecke eines ausgeglichenen Familienlebens, aber auch Entsagung als Basis für ein spirituelles Leben .

Es gibt noch fünf weitere ethische Pflichten in den Yoga-Upanishaden, die jedoch Patanjalis Yama zugeordnet werden können. Diese sind Ksama = Verzeihung, Daya = Güte, Empathie; sie gehören zur Gruppe „Ahimsa“. Dhriti = Standhaftigkeit, Arjava = Entschlossenheit, sie gehören zur Gruppe „Satya“. Mitahara = gemäßiges Essen, sie gehört zur Gruppe „Brahmacharya“.

2. Glied: Niyama: Selbstdisziplin. Niyama teilt sich auf in fünf verschiedene Ausführungen:

Soucha = Reinheit. Es gibt zwei Arten von Reinheit, äußerliche (skt. Bagjya) oder körperliche, und innerliche oder mentale (skt. Antah).

Santosha = innere Befriedigung/stille Zufriedenheit

Tapashya= asketische Übungen. Hierzu ist interessant zu wissen, dass die Vagabad-Gita sagt, dass die stringente Askese unnötig ist. Je nach körperlicher Verfassung gibt es dreierlei Arten von Tapashya (siehe: Vagavad-Gita 17/14–19).

Svadhaya = selbstständige Bemühungen, wie das Lesen von Veda, Vedanta, Puranas, Samhitas oder sonstigen Dharma-Shastras. Und/oder auch: z. B. Mantra Japa (Mantra-Rezitation). Mantra Japa sind dreierlei: Bachik oder laut hörbare Rezitation; Upanshu oder unhörbare Rezitation, aber mit Lippenbewegung; Manasha oder rein mentale Rezitation.

Ishvara Pranidhana = Hingabe an Gott. Hingebungsvolles Andenken und Nachdenken über Gott (Swami Vivekananda). Darbringen aller Bestrebungen an Gott (Vyasa Bhasya)

In den Yoga-Upanishaden finden wir noch weitere Regelungen wie z. B.

Astikya oder der Glaube an die Veden, also mit ‚Theismus‘ gemeint: Glaube an die Allgegenwart Gottes

Dana oder Wohltätigkeit

Siddhantasravana oder Anhörung von Schrift-Beschlüssen

Hrih oder die Innigkeit

Mati oder die Devotion

Japa oder die Rezitation

Vrata oder das Gelübde

3. Glied: Asana: Die Sitz-Stellung

Der Zweck der Asana „sthira-sukham“, also längeres Still- und bequemes Sitzen!

Dazu sind nur zwei Sitzstellungen von Bedeutung, und zwar Siddhasana und Padmasana.

4. Glied: Pranayama: Atemübung

Das Wort „Prana“ bedeutet „das Leben“, und „ayama“ bedeutet „die Breite“, „die Tiefe“.Das heißt, es handelt sich um eine metaphysische, kosmische Kraft, die durch geeignete Personen, also qualifizierte Aspiranten, entsprechend und ausreichend geübt, eine erstaunliche Entwicklung im Körper und Geist zu vollziehen vermag. Kurz gesagt: es ist der erste Schritt in Richtung Kundalini-Yoga! Eine Pranayama-Übung hat drei Teile: Rechak (Ausatmen), Purak (Einatmen) und Kumbhak (Atem anhalten). Es gibt fünf Prana-Arten: prana, apana, samana, uyana, udana, die alle in Pranayama-Kosha wirksam sind.

5. Glied: Pratyahara: Abstand/Abtreten/Aufheben.
Kurz gesagt: konsequentes Zurückziehen sowie die vollständige Beherrschung der fünf Sinne und des Geistes.
Zweck: Sich nach innen ausrichten lernen!

6. Glied: Dharana: Konzentrative Konzeption: Konzeption der Ausrichtung des Geistes. Für die konzentrierte Vorstellung sowie isolierte Betrachtung von Gedanken oder Objekten. Es gibt dafür sechs Kreise (shath-chakra), davon sind die wichtigsten: im Herzlotus, zwischen den Augenbrauen, an der Nasenspitze oder göttliche Symbole (Pratik-Dharana). Es erfolgt eine Ausrichtung auf göttliche Symbole (Pratik-Dharana). Zweck: Entwicklung in Richtung „Samyama“ (Kombination).

7. Glied: Dhyana: Kontemplative Meditation. Ein Buch lesen oder ein Bild malen ist auch Meditation. Aber bei Dhyana handelt es sich um die nächste Stufe nach Dharana! Es ist ein progressiver Prozess, ein lückenloser Mentalstatus wie ein strömendes Öl, das von einem Gefäß in ein anderes gegossen wird!
Zweck: weiterer Fortschritt in Richtung „Samyama“.

8. Glied: Samadhi: Die höchste Stufe der Besinnung auf das spirituelle Bewusstsein.

Reifung von Dhyana führt zur Samadhi. Samadhi ist zweiteilig:

        •  Samprajnata oder Satrijy-Samadhi. Hier ist sich der Aspirant seines kognitiven Objektes vollkommen bewusst. In diesem Zustand verschwindet die „Citta-Vritti“ nicht vollständig, sondern bleibt in unterdrückter Form, als Keim, im Verborgenen! Deshalb nennt man diesen Zustand „Sabija“, oder „mit Keim“!
        •  Asamprajnata oder Nirbija-Samadhi. Hierbei löst sich die „Citta-Vritti“ vollkommen auf, sämtliche mentalen Bewegungen kommen zum Stillstand. Übrig bleibt nur der „Samskara“. Das ist nun Nirodha-Samadhi!

Dharana, Dhayana, Samadhi zusammen sind „Samjama“ oder Disziplin genannt – „traiamekatra Samjama“ (Yoga-Sutra). Die drei sind Antaranga-Sadhana. Der Rest, also Yama, Niyama, Asana und Pratyahara sind Bahiranga-Sadhana.

Merke: Bahiranga bedeutet nicht Äußerliches, Physisches wie Hatha-Yoga-Übungen, sondern die Konditionierung von „Pancendriya“, also der fünf Sinne und des Geistes.