Satchimatas Bitte folgend, heiratete Nimai Laksmidevi, die Tochter von Ballabhacharya und betrat ins Familienleben ein. Beruflich war er rege damit beschäftigt seinen Schülern ein umfangreiches und tiefgründiges Wissen zu vermitteln sowie ,für sich selbst einen unantastbaren Platz zu sichern,was ihm durch zahlreiche akademische Debatten mit großen Erfolg gelang.
Nach einiger Zeit kam Iswarpuri nach Navadwip. Er war der Lieblingsjunger des berühmten Madhabendrapuri und „initiastischer“ Träger seiner Krishna-Bhakti Mission. Ishwarpuri war immerzu versunken im Liebesrausch zu Sri Krishna. Er schrieb einen Gedichtband – Krischnalilamrita – und las und diskutierte täglich über die Verse mit Gädadhär Misra, dem Sohn von Madhva Misra.
Eines Tages traf Iswarpuri Nimai auf der Straße. und war von der Erscheinung des jungen Gelehrten fasziniert. Nimai lud ihn zu sich nach Hause zu einem gemeinsamens Mittagsessen ein. Von diesem Tag an las und erörterte auch Nimai zusammen mit Gädadhär bei Iswarpuri den Gedichtband. Nach einiger Zeit verließ Iswarpuri Nabadwip wieder.
Nimai, inzwischen ein junger Mann von ca,18 Jahren, sehr erfolgreich als Akademiker und Vorstamd seines Institutes, hatte nun die Absicht den Osten von Bengalen zu besuchen. Er gab sener Frau Laksmidevi in die Obhut von Satchimata, scharte ein paar Lieblingsschüler um sich und überquierte den Padmafluss.
Obwohl es nicht genau bekannt ist, welche Gegend er bereiste stellten, seine ihn begleitenden Studenten überrascht fest, dass Nimai als namhafte Gelehrter dort schon hinreichend bekannt war.Bemerkenswert war auch,dass der gleiche Nimai der zu Hause in Nabadwip die Vishnu-Verehrer mit leichtem Spott bedachte, in Ostbengalen im Herzen aller – egal ob — Mann/Frau, Gute/Böse, Gläubiger/Ungläubiger – die Flamme der Krishna-Bhakti-Bewegung entfachte.
Ein paar Monate später kehrte er zurück nach Nabadwip.
Zu Hause angekommen musste Nimai erfahren, dass seine Frau Laksmidevi an den Folgen eines Schlangenbisses gestorben war. Für kurze Zeit fiel er in tiefe Trauer, aber dann nahm seine Lehrtätigkeit wieder auf. Es kamen zahlreiche Schüler nicht nur aus Ost-Bengalen, sondern praktisch aus allen Teilen Indiens um bei ihm zu lernen.
Seine Reputation wurde immer größer. Folglich kam auch seine Familie in den Genuss einer finanziell einigermaßen stabilen Lage. Aber Nimai war kein Familienoberhaupt das berechnend war. Fast jeden Tag lud er Mönche, Arme und Asketen zum Essen ein. Satchimata musste täglich 10 bis 20 Gäste bewirten.
Und immer wieder fanden verblüffende Geschehenisse mit und um Nimai statt. Hier ein Beispiel:
Damals lebte Pandit Keshab in Kashmir. In ganz Indien war er berühmt für sein von tiefem Wissen gekennzeichneten Fachdebatten. Als er davon gehört hatte, dass sich in Nabadwip eine akademischen Elite zusammengefunden hatte, kam er dort hin, um sie herauszufordern und sich selbst als dem größten Gelehrten Indiens huldigen zu lassen. Selbstsicher versprach er, sein gesamtes Vermögen an die Bevölkerung von Nabadwip zu verschenken sollte er unterliegen.
Es war ein Sommerabend, mondhell. Wie so oft saß Nimai am Gangesufer, umgeben von unzähligen Schülern, vertieft in Diskussionen über die Prinzipien von Schriften und Abhandlungen. Da schlenderte Pandit Keshab mit seinem Gefolge vorbei und lauschte ein wenig von der Unterhaltung. Er wurde neugierig und fragte nach dem Oberhauot der Runde.. Als Nimai sich vorstellte, war Keshab verblüfft angesichts von Nimais jungen alter und fragte: „Du bist der berühmte Nimai Pandit?“ Nimai schwieg.
Daraufhin Pandit Keshab: „Mir ist zu Ohren gekommen, dass du die Wissenschaften der Grammatik beherrscht“. Nimai erwidert:
„Es ist eine Kühnheit meinerseits, dass ich die Grammatik lehre. Eigentlich verstehen weder ich, noch meine Schüler etwas davon. Sie dagegen sind exzellent, einmalig, ehrwürdig. Ich bin ein unwissender Knabe. Da wir nun gerade am Ufer des heiligen Flusses sind, würden Sie für die Huldigung von Mutter Ganges spontan einige neue Versen verfassen und uns damit beglücken?“
Keshab stimmte zu und schnell wie der Wind dichtete und zitierte er einen nach dem anderen Vers. Alle Anwesenden erstaunten und waren auch fasziniert. Nimai sagte: „Ein Dichter, wie Sie es sind, gibt es in dieser Welt wohl kaum einen zweiten, aber ich bitte um eine Rezension der folgenden Verse, damit wir Ihre Verdienste richtig einzuschätzen in der Lage sind“. Nimai rezitierte folgende Verse:
Mähatvam Gangayah Sätätämidämavati Nitäram,
Yadesha Srivishno schäränäkämälotpätti shubhäga etc.
Als Keshab seiner Beurteilung geendet hatte , bat ihn Nimai die negativen Aspekte in idiomatischer Hinsicht zu erläutern. Nun wurde Keshab böse und sagte: „Du verstehst die Grammatik, aber du hast keine Ahnung von Rhetorik und Prosodik“. Daraufhin begann Nimai damit, Fehler für Fehler aufzuführen, die sich in diesen Versen fanden. Keshab geriet außer sich vor Ärger. Beschwichtigend sagte Nimai:
„Fehler in der Dichtung zu machen bedeutet doch nicht den Dichter abzuwerten. Sogar Kalidashä und Bhabäbhuta haben viele Fehler gemacht. Wer eine dichterische Begabung hat, ist begnadet und nun gehen Sie bitte mit Freude nach Hause“.
Sehr enttäuscht über die Niederlage kehrte Keshab nach Hause zurück. In dieser Nacht erschien ihm im Traum Devi Swaraswati (die indische Göttin für Kunst und Wissenschaft) und sprach:
„Keshab, du hast von mir die Gnade tiefen Wissens erhalten, aber Nimai ist mein Gefährte, gehe zu ihm hin und werfe dich ihm zu Füßen voller Ergebenheit“.
Am nächsten Morgen rannte Keshab zum Nimai und fiel ihm zu Füßen. Mit bewegter Stimme sagte er flehend: „Durch überhebliche Debatten und Diskussionen habe ich die Bodenhaftung verloren. Bitte, befreie mich von allen Bindungen und Begierden“. Nimai zog ihn hoch und sprach zu ihm. Was er gesagt hatte, ist nicht bekannt. Aber Tatsache ist, dass Keshab daraufhin nach Hause ging, sein Vermögen verschenkte, sein Mönchgewand anzog und sein Heim für immer verließ.
(vide: Sri Chaitanya Charitamrita,Seite 45ff.)