Das kräftezehrende Leben hinterließ Spuren! K.C. wurde immer dünner und körperlich schwächer. Die engten Begleiter hatten Bedenken und sahen verängstigt einer dunklen Zukunft entgegen. Aber K.C. tauchte, wie immer, in die Tiefe seiner Gefühlswahrnehmungen ab, mal weinend, mal lachend — immerzu im Wechsel, ohne in die Realität zurückzukehren.
( vide: Swarups Karcha 48/159) und Raghunath Dass Erzählungen 15/124) Während dieser Zeit beschrieb K.C. hin und wieder auch persönlich seine Gefühle in Versform . Hier einige Beispiele :
(…Oi Nandatanuya Kinkaram Patitan Man bishome…“
Also:
Ich kann mir kein größeres Glück vorstellen, als ein Staubkorn von Sri Krishnas Lotosfüße zu sein, um seinen Fuß zu beschützen.
Einmal an Swarup blickend:
( … Na Dhanan Na janan Na Shundarin Kabitan Ba… “ )
Also:
„Herr, ich wünsche kein Vermögen, kein Ansehen oder keine schöne Frau. Was ich erbitte im Leben und auch danach, ist nur bedingungslose Hingabe..“
Eines Abends äußerte K.C. gegenüber Swarup und Ram Ray, „Seid gewiss, dass die Liebe von Sri Radhadevi und Sri Krishna unendlich ist wie der Kosmos. Dann sprach er die Verse:
(…Ashlishya Ba Padabratan Pinashtu Mamodarshana….)
Also:
„Ob mich Sri Krishna beglückt mit einer Umarmung oder gar mich zu Tode erdrückt — für mich ist das gleich!“
Es war Juni, ein Sonntag, etwa 15 Uhr, da saß K.C. umgeben von einigen engsten Verehrern und sprach darüber, wie sich Sri Brindabon entwickelte. Abrupt wurde er still, dann atmete er aus und stand auf. Die Anwesenden standen ebenfalls auf. K.C. nahm den Weg in Richtung Sri Jagannath -Tempel, die Verehrer folgten ihm. Anders als zu anderen Tagen ging er diesmal in das Tempelgebäude hinein und das mächtige Tor schloss sich hinter ihm wie von selbst. Die Gemeinde blieb draußen, erstaunt, aber auch besorgt.
Ein Brahmana-Priester des Tempels konnte aus seiner Behausung in den inneren Raum des Tempels sehen und auch die Geräusche hören. Plötzlich sah er etwas. Sehr erschrocken und laut schreiend rannte er aus seinem Hau . Tief erschüttert und voller Sorge bat ihn die Gemeinde, ihnen das Tor zu öffnen. Während er das tat, erzählte er folgendes:
K.C. stand vor der Statue von Sri Jagananth und mit gefalteten Händen flehte er ihn an:
„Lieber Sri Jagannath, Herr, Satta, Treta, Dwapor, und Kali – in dieser Kali-Epoche ist „Nam-Samkirtan“ der einzige gangbare Weg. Herr, du bist der Retter, gib den Menschen ein geistiges zu Hause.“
Dann sah der Priester, wie Krishna Chaitanya die Statue von Sri Jagannath umarmte und mit einem Schrei verschwand er in ihr!
( vide: Chaitanya-Mangal 92/950)
Einer unbestätigten Angabe zufolge, sei K.C. während des Tanzes auf einen Dorn getreten, daraus habe sich eine Blutvergiftung entwickelt und an dieser sei er auch verstorben. Die Frage bleibt, warum gibt es keine Gedenktafel an dem Ort?
Das war der Schlussakkord der symphonischen Lebensmelodie von Sri Chaitanya Mahaprabhu!
Epilog
In der langen Denktradition Indiens zu metaphysischen Fragen, gab es zahlreiche Personen, die unterschiedlichste Wahrnehmungen und Darstellungen ontologischer Mystik, das eine Mal ergreifend, das andere Mal erschreckend, mal einfühlsam, mal entsetzlich, mal harmonisch, mal widersprüchlich, mal schwärmerisch, mal schaurig, mal souverän, mal spitzfindig, mal tiefgründig, aber immer wieder direkt oder indirekt bezugnehmend auf die uralten Mythologien, entweder mündlich oder schriftlich, hinterlassen.
Die geschichtsträchtigen Persönlichkeiten, die die Nachwelt tiefgreifend beeinflusst haben, sind vier an der Zahl, und alle sind Spross der klassischen hinduistische Hermeneutik– nämlich der Vedas, Vedantas und Puranas!
die Personen sind:
a.) Gautama Buddha
b.) Adi Shankarachaya
c.) Sri Gauranga Mahaprabhu,
d.) Sri Ramakrishna Paramhansa
a.) Gautama Buddha war Atheist, aber er glaubte an Reinkarnation. Seine Wahrnehmung war, dass die Wiederkehr von Werden – Sein – Vergehen, also das Samsara Prinzip, eine einzige dramatische Leidensgeschichte (skt.dukkha = Leiden) beschreibt. Seine Lehre zielt auf die Befreiung von diesem grundlegenden Leiden durch die Aufhebung des immerwährenden Kreislaufs und darauf, dass der Mensch seine wahre Natur erkennt! Nach seiner Erfahrung wird dies erreicht durch „skt. Pancha-Sila“, also durch die Ausrichtung an fünf Prinzipien ethischen Verhaltens sowie der Befolgung, sowie die Ausübung von vier Edlen Wahrheiten!
Gautama Buddha lebte als Mönch (Shakya Muni= Mönch), aber im alltäglichen Leben eines normalen Mitglieds der menschlichen Gesellschaft können die von ihm geforderten ethisch-moralischen Verhaltensgebote kaum umgesetzt werden!
b.) Adi Shankaracharya war ein seltsamer Atheist, ein strenger Asket und legte einige vedantische Sutras (Erkenntnis- und Verhaltens Regeln) willkürlich streng und zweckgerichtet aus. Seine Thesen von „So´ham“ oder “ Shibo´ham“ setzen immer die Existenz oder die Gegenwart eines „Es „/“Er“/ Sie“ voraus! Wer ist dieses andere?
Die tiefere Bedeutung der komplexen Exegetik der Vedanta-Thesen, interpretiert durch Adi Shankaracharya, hat Sri Chaitanya Mahaprabhu, wähend der Diskussionen mit der Autorität Sri Prakashananda Swarasvati Punkt für Punkt konjektural, nicht nur widerlegt, sondern auch als misslungen disqualifiziert. Jnana-Yoga kann man erst im Gesamtkontext von Bhakti-Yoga verstehen !
c.) Sri Ramakrishna Paramhansadev war mit einiger Sicherheit der letzte anerkannte „Erleuchtete“ Indiens. Als Person war er introvertiert, konservativ, selbst auf der Suche nach Erleuchtung und auch verweilend in der matriarchalischen Tradition der Mutter „Kali“. Aber er sprach immer sehr respektvoll ehrerbietend von Sri Chaitanya Mahaprabhu und betrachtete ihn als Reinkarnation von Sri Krishna und sang auch oft Sri Krishna- Lieder!
d.) Sri Chaitanya Mahaprabhu:
Ich habe die drei epochalen Persönlichkeiten zuerst aufgezählt, um die Magnifizenz und die evidenzbasierte divine Manifestation von Sri Chaitanya Mahaprabhu als etwas absolut Außergewöhnliches zu unterstreichen. Es hat in Indien weder vor ihm noch nach ihm, ja bis heute, keine so faszinierende, emotional berührende, zukunftsweisende, von Weisheit erfüllte, demütige, aber auch zielsichere, absolut unkonventionelle Persönlichkeit gegeben wie Sri Chaitanya!
Seine Lehre war und ist einfach zu verstehen und angenehm zu praktizieren! Man braucht keine protzigen Bauten im Namen Gottes zu errichten, um sich selbst stolz zu präsentieren. Man braucht auch keine Organisation mit Gelehrten und Priestern aufzubauen, um die eigene Dominanz zu sichern. Man braucht weder prunkvolle Gebetsevents noch prächtige Gewänder — alles, wirklich alles was man braucht, ist die Hingabe — entweder laut oder leise ganz für sich Sri Krishna-Sri Radha-Nam oder Sri-Hari zu murmeln – und selbstverständlich ein Familienleben zu führen nach ethisch-humanistischen Grundsätzen. Alles in dem Bewusstsein „ich gehöre Ihm.“ Denn, als Mahnmal steht sein immer widerhallender Aufruf „Kolou, Harir Namoiba Kebalam“.
Das heißt also : In dieser letzten epochalen Phase der Menschheit, gibt es keinen anderen Weg als die Identifikation und die Assimilation von „Harinam“ im Herzen!