Bhakti-Yoga-Marga

Der Weg der Hingabe

 

Viele haben die Entwicklung der Bhakti-Marga oder Bhagavat-dharma als eine spätere Entfaltung, d. h. nach der vedischen Zeit, interpretiert. Diese Behauptungen sind recht zweifelhaft, denn in Rig-Veda X/151 steht:

„…deva jagmana vayu gopa upasate…“,

In I/7:„ … namo bharate emashi…”,

In X/66:„…deva bashishto amritan babande…”

Diese Fakten deuten daraufhin, dass die Jagna-Zeremonien schon einige Aspekte des Bhakti-Yoga hatten, wie die Hingabe (skt. srddha), die Verehrung (skt. Babande, skt. namashkara, skt. upasana), die Anbetung (skt. archana) etc., die sich als rituelle Handlungskriterien manifestieren.

Shandilya Rishi beschreibt Brahma in Chandagyo-Upanishad als mit und ohne Eigenschaften (siehe: III/14.2), und er gilt als Initiator von Pratik-Upasana (Verehrung Gottes als Symbol) oder Bhakti-Marga. Eine ausführliche Beschreibung findet man auch in Svetasvatarea-Upanishad und in Tripad-Upanishad, Kap. VIII.

Eine kurze, aber prägnante Einleitung zum Bhakti-Yoga ist die Äußerung von Sri Krishna in Vagavad-Gita: Der Shadhaka, der mit inniger Ergebenheit umhüllt mit Liebe mich anbetet, der besiegt die drei Gunas und genießt die Brahma-Wahrnehmung! (siehe: V.G. 14/26).

 

Die Voraussetzungen für den Bhakti-Yoga

Abgesehen von Patanjalis Aufforderung „citta-vritti-nirodha“, sagt Sri Krishna in Vagavad-Gita:

anapekkhah shuchirdakkha udashino gatabyrthah, sarvarambha parityagi jo madhbaktah sa me priah.“ (siehe: V.G. 12/16)

Anapekkhah, also: das wunschlose, reine, qualifizierte, indifferente, leidlose, nicht-enthusiastisch durch Begierdenkontaminierte Handeln – dieser Verehrer (skt. Bhakta) ist mein geschätzter Favorit.

Hier eine kleine Erläuterung:

  • Anapekkhah = ohne Erwartung, Verlangen, Neigung zu Sinnesfreude 
  • Shuchi = äußere Reinigung, also des Körpers; innere Reinigung, also Transparenz und Erhabenheit des Geistes 
  • Dakkha = kompetent und kundig angesichts der gestellten Aufgaben 
  • Udashin = der Stoizismus 
  • Gatabyarthah = durch die fünf inhärenten Laster (skt. Ripus), die dualen Effekte von Kälte/Hitze, Lob/Tadel etc. bleibt sein Geist und Gemüt ohne Regung 
  • Sarvarambha parityagi = wer seine Aufgabe danach ausrichtet ,die angenehmen Ergebnisse diesseits/jenseits zu erzielen, wird „arambha“ genannt. Wer jedoch seine Tätigkeit ohne Ergebnisorientierung und ohne Erwartungshaltung aufnimmt, der ist der aufrichtige Entsager.

 

 

Exkurs zu: „Bhaba“ (skt.) oder emotionale Haltung

Eine Empfehlung aus Vaishnava-Tattva (Vishnu ist Synonym für Sri Krishna)

Neben der inneren und äußeren Eignung gibt es eine noch verhältnismäßig einfache Möglichkeit der lebendigen Begegnung mit dem Gott, der als Symbol (skt. pratik) dargestellt wurde. Dieser Pfad ist jedoch zuträglich nur für den Sadhaka mit entsprechender Persönlichkeitsstruktur und emotionalem Status.

Je nach Neigung und Affinität kann der Sadhaka eine der fünf emotionalen Haltungen (skt. Bhaba) assimilierend annehmen.

Die Bhabas sind:

Shanta, Dasya, Sakhya, Batsalya und Modhura.

Shanta-bhaba: Erlangung von Krishna-Bewusstsein in der gelassenen Tiefe der transgredienten Meditation. Beispiel: die Rishis (Asketen).

Dasya-bhaba: Gott ist der Herr (skt. ‚ Prabhu‘) und der Sadhaka nimmt die Rolle eines Dieners an. Beispiel: Hanumana im Ramayana-Epos.

Sakhya-Bhaba: Gott als Freund dienen. Beispiel: Sridam/Sudam in Sri Krishnas Jugendzeit.

Batsalya-Bhaba: Gott als eigenes Kind, d. h. elterliche Liebe gegebüber Gott. Beispiel: Yashoda als Mutter von Sri Krishna.

Madhura-Bhaba: Liebesverhältnis zu Gott, d. h. Gott als Liebhaber oder Liebhaberin bedeutet eine innige sublimierte Liebe. Beispiel: Radha,

Die als Beispiel genannten Figuren sind aus der indischen Mythologie. Es gibt aber auch erleuchtete historische Persönlichkeiten, die Zeugnis über die erstaunliche Wirksamkeit von Bhabas abgelegt haben, z. B. Mahaprabhu Sri Krishna-Chaitanya (1407–1455); Gurumaharaj Sri Ramakrishna (1836–1886)

Bhakta-Kategorie:

Sri Krishna erwähnt in Vagavad-Gita, dass es vier Arten von Bhakta (Verehrer) gibt. Der Aspirant sollte selbst feststellen, in welche Kategorie er sich einordnet.

Die vier Arten sind:

  1. Ärta, also der vom Schicksal Gezeichnete, z. B. Draupadi im Mahabharata-Epos
  2. Jignasu, also der Selbsterkenntnis Suchende, z. B. Rajarshi Janak im Ramayana-Epos
  3. Artharthy, also der diesseitig und jenseitig Freude und Vergnügen Suchende und Sichernde, z. B. sugrib, Dhruba im Mahabharata-Epos.
  4. Jnany, also die selbstlose, ohne Verlangen, wissende z. B: Prhllad, sankara. (siehe: Vagavad-Gita 7/16).

Gurumaharaj Sri Ramakrishna bestätigt wiederholte Male, dass in unserem Zeitalter Bhakti-Yoga der einzige geeignete und gangbare Weg für die Menschheit ist.

(siehe: Ramakrishna Kathamrita in Bengalisch. Vol. II, Seite 71, Vol. III, Seite 91, Vol. IV, Seite 68)